Die Regensburger Politikwissenschaftlerinnen Professorin Dr. Eva Odzuck (Politische Theorie) und Professorin Dr. Gerlinde Groitl (Internationale Politik) wurden kürzlich mit dem Essay-Preis des Jakob-Fugger-Zentrums für transnationale Studien der Universit?t Augsburg ausgezeichnet. Wieviel Gewalt ben?tigt die Demokratie, wieviel Gewalt vertr?gt sie? {web_name}e Frage stand im Mittelpunkt des Essaywettbewerbs, den das Fugger-Zentrum anl?sslich seines zehnj?hrigen Jubil?ums ausgelobt hatte. In einem zweistufigen Auswahlverfahren wurden von einer Jury deutsche und ukrainische Einreichungen begutachtet. Pr?miert wurden neben Odzucks und Groitls ?Pl?doyer für eine wehrhafte Demokratie“ die Arbeiten der Oldenburger Soziologin Professorin Dr. Gesa Lindemann und der Masterabsolventin Anna Dziuban aus der Ukraine, die gerade ihr Studium der Literaturwissenschaft in München abgeschlossen hat. Die Preise wurden bei einem Festakt im Dezember 2023 an die vier Preistr?gerinnen verliehen.
Groitl und Odzuck verbinden in ihrem Essay die Blickwinkel ihrer jeweiligen Teildisziplinen. Ihre These lautet, dass im politischen Denken der Gegenwart die existenziell wichtige Frage nach dem richtigen Verh?ltnis von Gewalt und Demokratie zunehmend falsch beantwortet wird – mit verheerenden Folgen für die politische Praxis: Gewaltlegitimit?t und -f?higkeit schwinden dort, wo sie n?tig sind, w?hrend sie dort, wo sie gef?hrlich sind, gedeihen. So wurden Denkmuster, die für das Binnenverh?ltnis in Demokratien essenziell sind, zunehmend auf die Au?enpolitik übertragen.
In der Theorie und Praxis der internationalen Politik hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die ?berzeugung durchgesetzt, dass Dialog, Verst?ndigung und Verrechtlichung das Gewaltpotenzial z?hmen k?nnten. Externe Bedrohungen für Demokratien durch autorit?re und imperiale Akteure und die brutale Logik der Machtpolitik gerieten dabei aus Sicht der Autorinnen ebenso aus dem Blick wie die Notwendigkeit, durch die F?higkeit zur Gewaltanwendung den Ausbruch von Gewalt zu verhindern. Umgekehrt wurden in der Theorie und Praxis der Demokratie Konzepte, die dereinst im Hinblick auf zwischenstaatliche Konflikte gepr?gt worden waren (u. a. die Schmitt’sche Freund-Feind-Unterscheidung), auf das binnendemokratische Verh?ltnis zwischen Bürgern bzw. zwischen Bürgern und Institutionen übertragen. Politische Auseinandersetzungen werden zunehmend als kompromisslos zu führende K?mpfe gedeutet, demokratische Prozesse und die Regeln des Rechtsstaats delegitimiert.
{web_name}e Fehlentwicklungen müssen korrigiert werden, so die Autorinnen. So wichtig es sei, im internationalen Bereich stets mit der M?glichkeit gewaltt?tiger Konflikte zu rechnen und die Grenzen der Friedenssicherung durch Dialog realistisch einzusch?tzen, so fatal sei es, die zentrale Funktion und Leistungsf?higkeit der Vernunft im binnendemokratischen Bereich hierarchischer Staatlichkeit kleinzureden und den Institutionen der rechtstaatlichen Demokratie, die nur autorisierte und legitimierte Gewaltausübung duldet, die Grundlage zu entziehen. Es brauche wehrhafte Demokratien, die die Errungenschaft des Rechtfertigungsbedarfs von Freiheitseinschr?nkungen und des gewaltfreien Interessenausgleichs im Inneren gegen rationalit?tsfeindliche Denkstr?mungen beschützen und die zugleich verteidigungsbereit seien bei unaufl?sbaren und gewaltsamen Konflikten im ?u?eren.
Informationen/Kontakt
Zu Prof. Dr. Gerlinde Groitl (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Zu Prof. Dr. Eva Odzuck (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Zum Institut für Politikwissenschaft, Universit?t Regensburg (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Zum Jakob-Fugger-Zentrum für transnationale Studien (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
