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Aktuelles: Das Gen, das den Sexappeal von Wespenm?nnchen steuert

Insektenm?nnchen k?nnen durch einen genetischen Trick geruchlich zu Weibchen werden

26. Januar 2022, von Margit Scheid

  • Biologie und Vorklinische Medizin
  • Forschung

Dass sich Insekten bei der Partnersuche auf ihren Geruchsinn verlassen, ist seit langem bekannt. Was jedoch die genetischen Ursachen dafür sind, dass m?nnliche und weibliche Insekten unterschiedlich riechen, ist bei den meisten Arten noch weitgehend unerforscht. Forschende der Universit?t Regensburg haben jetzt gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universit?ten Wageningen (Niederlande) und Riverside (USA) gezeigt, dass M?nnchen der parasitischen Wespe Nasonia vitripennis durch einen Knockdown des Gens Doublesex nicht nur ihre attraktiven Sexuallockstoffe verlieren, sondern von ihren Geschlechtsgenossen sogar selbst für Weibchen gehalten werden. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B – Biological Sciences ver?ffentlicht.
Bei der Partnerfindung von Insekten sind chemische Botenstoffe, so genannte Sexualpheromone, auf verschiedenen Ebenen beteiligt. Sie erm?glichen das Auffinden von Paarungspartnern über gr??ere Entfernungen, das Erkennen des anderen Geschlechts im Nahbereich, oder sie sind sogar Voraussetzung dafür, dass der Partner überhaupt zur Paarung einwilligt. ?M?nnchen der parasitischen Wespe Nasonia vitripennis sind wahre Meister, wenn es darum geht, Weibchen mit chemischen Signalen anzulocken und von ihren Qualit?ten zu überzeugen“, sagt Prof. Dr. Joachim Ruther, der mit seinem Team am Institut für Zoologie der Universit?t Regensburg an der Pheromonkommunikation von Insekten forscht. Die m?nnlichen Wespen geben einen Sexuallockstoff ab, der hochattraktiv für unverpaarte Weibchen ist und erkennen diese dann anhand des Kohlenwasserstoffmusters auf ihrer K?rperoberfl?che, welches sich in seiner Zusammensetzung von dem der M?nnchen unterscheidet. Bei der Balz verwenden die M?nnchen schlie?lich eine Art Aphrodisiakum, welches die Weibchen paarungsbereit macht. 

Welche Gene dafür verantwortlich sind, dass M?nnchen und Weibchen von N. vitripennis unterschiedliche Botenstoffe besitzen, war bislang weitgehend unbekannt. Ein vielversprechender Kandidat war der Transkriptionsfaktor Doublesex (Dsx), der zuerst bei Fruchtfliegen gefunden wurde und hier die Ausbildung geschlechtsspezifischer Merkmale steuert. Schalteten die Forschenden bei Nasonia-M?nnchen das Dsx-Gen ab, waren diese weder in der Lage, Weibchen aus gr??erer Entfernung anzulocken noch bei ihnen w?hrend der Balz Paarungsbereitschaft auszul?sen, was darauf hindeutet, dass ihnen durch den Knockdown von Dsx auch das Aphrodisiakum abhandengekommen war. Statt erfolgreich um die Gunst der Weibchen werben zu k?nnen, wurden die Knockdown-M?nnchen nun von ihren Geschlechtsgenossen sogar selbst für Weibchen gehalten und l?sten bei diesen heftiges Balzverhalten aus. Den Grund für diese Ver?nderungen fand das Regensburger Forschungsteam durch chemische Analysen der Knockdown-M?nnchen heraus. Zum einen enthielt die Pheromondrüse der Knockdown-M?nnchen nur noch winzige Spuren des Sexuallockstoffs. Zum anderen war aus ihrem Kohlenwasserstoffmuster (Z)-9-Hentriaconten, eine für M?nnchen typische Komponente, fast v?llig verschwunden. ?Offensichtlich spielt dieser Stoff eine entscheidende Rolle bei der Geschlechtserkennung, denn wenn wir ihn in synthetischer Form wieder zum Kohlenwasserstoffmuster der Knockdown-M?nnchen hinzufügten, waren sie wieder v?llig unattraktiv für ihre Geschlechtsgenossen“, sagt Joachim Ruther. 
Durch ihre Versuche konnten die Forschenden also nicht nur zeigen, dass Dsx ein entscheidender Faktor für die geschlechtsspezifische Pheromonproduktion bei Nasonia vitripennis ist, sondern auch noch aufkl?ren, woran M?nnchen das Geschlecht eines Artgenossen erkennen, bevor sie mit ihrem Paarungsritual beginnen. An der chemischen Identit?t des mysteri?sen Aphrodisiakums wird seit mehr als 40 Jahren vergeblich geforscht. Da es bei den Knockdown-M?nnchen offenbar fehlt, hoffen die Forschenden nun, dieses Geheimnis durch vergleichende chemische Analysen von Knockdown- und Wildtypm?nnchen endlich zu lüften.

Originalpublikation: 
Yidong Wang, Weizhao Sun?, Sonja Fleischmann, Jocelyn G. Millar, Joachim Ruther and Eveline C. Verhulst
“Silencing Doublesex expression triggers three-level pheromonal feminization in Nasonia males”

Ver?ffentlicht in Proceedings of the Royal Society B - Biological Sciences 
DOI: https://doi.org/10.1098/rspb.2021.2002 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Foto: Joachim Ruther
Die untersuchte Art Nasonia vitripennis.

Kontakt aufnehmen

Prof. Dr. Joachim Ruther

Universit?t Regensburg - Institut für Zoologie,
Tel.: +49 (0)941 943-2151
E-Mail: Joachim.Ruther@ur.de

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