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Aktuelles: Licht an!

VolkswagenStiftung-Freigeist-Fellowship zu queeren Literaturen und Kulturen im Sozialismus für Dr. Tatiana Klepikova

12. Mai 2022, von Tanja Wagensohn

  • Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften
  • Forschung

Queere Kulturen in Osteuropa? Dazu ist vielen wenig bekannt. Den Grund dafür sieht die Slavistin Dr. Tatiana Klepikova darin, dass ?ffentliche und private Darstellungen des LGBTQ+-Selbst noch immer kriminalisiert und oft als krankhaft bewertet werden: Lesbische, schwule, bi- oder transsexuelle Personen erleben h?ufig Gewalt und werden diskriminiert. In den letzten zehn Jahren hat sich für diese Menschen nicht zuletzt im ?stlichen Europa vieles dramatisch verschlechtert: Gesetze und Initiativen gegen LGBTQ+-Personen wurden initiiert, als ?Schutz vor nicht-traditionellen Werten“ innenpolitisch gerechtfertigt. Tatiana Klepikova will mit Ihrem Projekt Licht an! Queere Literaturen und Kulturen im Sozialismus dazu beitragen, im ?stlichen Europa mit dem politischen Mythos der ?Fremdheit“ von Queerness in der Region aufzur?umen.

Universit?tspr?sident Professor Dr. Udo Hebel freut die Entscheidung der Early Career Forscherin, ihr Freigeist-Fellowship der VW-Stiftung an der Universit?t Regensburg anzusiedeln: ?Tatiana Klepikova setzt den Programmlinien der Stiftung folgend an einer Fragestellung an, die au?ergew?hnliche Wissenschaft zwischen etablierten Forschungsfeldern betreibt. Wir freuen uns auf einen fruchtbaren und intensiven Austausch mit den Forscher:innen unserer Area Studies.“

Queere Literatur im Sozialismus

Licht an! blickt auf unbekannte queere Literatur, die unter kommunistischer Herrschaft im Privaten verfasst und offiziell nie ver?ffentlicht wurde. Tatiana Klepikova und ihr Team wollen queere Dramatik, Prosa und Poesie in vier sozialistischen Kontexten – in Russland, in der Ukraine, in Polen und in der DDR – aufdecken und analysieren. Mit ihren unterschiedlichen rechtlichen und sozialen Modellen des Sozialismus und der Regulierung des queeren Lebens bilden diese Kontexte für die Forscherin den Ausgangspunkt für die literarische Analyse der Darstellung der Queerness.

?Mein Projekt w?chst aus dem unter anderem geringen literarischen Wissen über queere Produktion in den ehemaligen sozialistischen L?ndern Osteuropas und insbesondere von ihrem alarmierenden Missbrauch durch rechtspopulistische Bewegungen in der Region in jüngster Vergangenheit“, sagt Dr. Tatiana Klepikova. Für sie sind die F?rdermittel der VW-Stiftung in H?he von über 1,4 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren eine M?glichkeit, eine Forschungsgruppe zum Thema aufzubauen und zu leiten, die sich international mit queeren Kulturen auseinandersetzt. Die Gruppe interessiert sich dafür, wie und durch welche sprachlichen Mittel Queerness in literarischen Texten dargestellt wurde, wie diese Texte verbreitet wurden, in welchen Kontexten sie vorkamen und welche Grenzen sie überschreiten mussten, um die Leser:innen zu erreichen.

Au?erdem fragen die Early Career Researcher danach, wie solche literarischen Werke in sozialistischen Kontexten überwacht und zensiert wurden. Um dies zu leisten, werden literaturwissenschaftliche Zug?nge in diesem interdisziplin?ren Projekt mit Methoden der Zeitgeschichte, Ethnographie, sowie der Kultur- und Geschlechterforschung erweitert. ?Das Projekt will das Wissen über sozialistische queere Literatur, die im Vergleich zum LGBTQ+-Erbe des frühen 20. Jahrhunderts und der Gegenwart am wenigsten erforscht wurde, erheblich erweitern“, resümiert Tatiana Klepikova: ?Dabei wird das Projekt ein besseres Verst?ndnis der Rolle und Poetik von Geschlecht und Sexualit?t in europ?ischen Kulturen f?rdern und zur Diversifizierung des Kulturkanons beitragen.“

Bundesweit einzigartiges Projekt

Für Professorin Dr. Ursula Regener, UR-Vizepr?sidentin für Internationalisierung und Diversity, ist Licht an! ein wichtiges Projekt zur richtigen Zeit: ?Wir dürfen nicht zulassen, dass Populismus und Diskriminierungen in Europa erneut unsere Vielfalt und unsere Freiheit attackieren. Das historische Wissen um die Pr?senz und auch die Zensur queerer Themen systematisch zu erweitern wird dazu beitragen, unser Verst?ndnis von ,Normalit?t‘ auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu revidieren.“

Licht an! Queere Literaturen und Kulturen im Sozialismus dockt an der Universit?t Regensburg am Institut für Slavistik am Lehrstuhl von Professorin Dr. Mirja Lecke an, die Tatiana Klepikovas Projekt als ?bundesweit einzigartig für unsere Forschungsregion“ beschreibt: ?Für unsere Forschung ist der Blick über Nationalkulturen hinaus und die Erforschung transkultureller Prozesse insgesamt sehr wichtig, genau das leistet das Projekt. Ich freue mich sehr auf die Diskussionen mit der Arbeitsgruppe von Frau Dr. Klepikova. Unsere Studierenden werden sicherlich ebenfalls vom anregenden Forschungsumfeld profitieren.“

Informationen/Kontakt

Zu Dr. Tatiana Klepikova (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Slavische Literatur- und Kulturwissenschaft (externer Link, ?ffnet neues Fenster) an der UR

Pressemitteilung der VolkswagenStiftung (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Freigeist-Fellow Tatiana Klepikova vor dem Mural ?LGBTQ History and Community” von Christiano De Araujo am 519 Community Center in Toronto, Kanada. Screenshot aus dem Projektüberblick auf YouTube (in English). 
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