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Aktuelles: Biogents – international erfolgreich gegen Stechmücken

Stolpersteine und Learnings beim Gründen

02. September 2024, von Karoline Stürmer

  • Biologie und Vorklinische Medizin

“Wie findet eine Stechmücke ihr Opfer? Und was h?lt sie davon ab?“ Die Beantwortung dieser scheinbar einfachen Fragen war ein wichtiges Thema von Dr. Martin Geier und einigen seiner Kollegen am Institut für Zoologie der Universit?t Regensburg.  Mehr als zw?lf Jahre analysierten sie hier verschiedenste Duftquellen und Substanzen, beobachteten das Verhalten von Stechmücken in unterschiedlichen Versuchsaufbauten und Umgebungen, kl?rten nach und nach wichtige Schlüsselfaktoren auf und verstanden damit das Verhalten dieser gef?hrlichen Krankheitsübertr?ger immer besser.
Im Jahr 2000 traf Dr. Martin Geier Dr. Alvaro Eiras auf dem Internationalen Kongress für Entomologie (ICE) in Brasilien. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网 war der Beginn einer langj?hrigen Zusammenarbeit für angewandte Forschung und die Entwicklung neuer Produkte. Als Ergebnis dieser Zusammenarbeit gründeten Dr. Martin Geier und sein Kollege Dr. Andreas Rose mit Dr. Alvaro Eiras im Jahr 2002 die Firma Biogents.  
Wir wollten wissen, was damals für die Gründung wichtig war und haben bei Dr. Andreas Rose, Vorstand der Biogents, nachgefragt.

百利宫_百利宫娱乐平台¥官网es Jahr gilt als besonders mückenreich, woran liegt das?

Durch die ?berschwemmungen in den letzten Wochen drückt das Grundwasser nach oben, sodass sehr viele vorübergehende Feuchtbiotope entstehen. Das Problem sind die sogenannten ??berschwemmungsmücken“. Das sind Mückenarten, die ihre Eier im Boden ablegen. Ihre Larven schlüpfen, wenn die Eier unter Wasser gesetzt werden und es warm genug ist. ?berschwemmungsmücken warten manchmal jahrelang auf eine solche Gelegenheit und k?nnen dann fast schlagartig in riesigen Mengen auftreten. 


Was macht ihr bei Biogents?

Wir stellen Stechmückenfallen her – und schützen damit Menschen vor l?stigen Mücken und Krankheitsübertr?gern. Unsere Fallen verwenden private und professionelle Kunden, um Stechmücken lokal zu bek?mpfen und Wissenschaftler, um Stechmückenpopulationen zu überwachen. 

Welche Voraussetzungen hattet ihr für eure Gründung?

Dr. Martin Geier, Vorstandsvorsitzender der Biogents, hat in seiner Diplom- und Doktorarbeit untersucht, wie man Gelbfiebermücken (Aedes aegypti) chemisch anlocken kann. Gelbfiebermücken sind einerseits wichtige Krankheitsübertr?ger, andererseits lassen sie sich aber auch gut züchten.

Welche Vision hattet ihr?

Es gab damals meist nur sehr einfache Ventilator-Fallen. Mücken, teilweise angelockt mit Trockeneis, wurden eingesaugt. Wirksame Fallen für Gelbfiebermücken und ihre nahe Verwandte, die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), gab es gar nicht. Unsere Vision war, Fallen zu entwickeln mit denen sich Stechmücken spezifisch, effizient und umweltfreundlich fangen und bek?mpfen lassen. Wir wollten Alternativen zum Einsatz von Insektiziden schaffen. Stechmücken sind im ?brigen nicht nur l?stig, sondern auch m?gliche ?bertr?ger von Krankheitserregern die Gelbfieber, Dengue, Zika, West-Nil-Fieber oder Chikungunya ausl?sen k?nnen. Sie sind deshalb ein ernstzunehmendes Thema.

Was ist aus eurer Vision geworden?

Wir haben tats?chlich einen neuartigen Typus einer Stechmückenfalle entwickelt, die genau das erm?glicht. Sie wurde recht schnell zum Goldstandard in der Wissenschaft, um Gelbfiebermücken und Tigermücken zu fangen – etwa um ihre Anzahl in einem bestimmten Gebiet zu überwachen oder zu überprüfen, ob sie Krankheitserreger in sich tragen. Bald zeigte sich dann, dass dieser Fallentypus so gut f?ngt, dass er sich auch für die Bek?mpfung von Mücken in Kommunen und Privathaushalten nutzen lie?. 

Was war für die Gründung wichtig?

Wir hatten einen guten Draht zu Wissenschaftlern und haben da von Anfang an ein gutes Feedback bekommen, mit dem wir die Fallen weiter optimieren konnten. Und wir hatten ein gutes biologisches Wissen. Das war wichtig, denn eine umweltfreundliche Mückenbek?mpfung ist nicht so einfach, wie Insektizide vom Hubschrauber aus zu verteilen.

Welche Unterstützung hattet ihr von der Uni?

Wir haben Studentenkurse betreut und bekamen dafür einen leerstehenden Kellerraum für unsere Mückenzucht und ein kleines Büro, das wir zu Dritt nutzen konnten. In dieser Zeit sind mit Mitteln der Universit?t zwei grundlegende Patente entstanden, für die wir im Anschluss Lizenzgebühren an die Universit?t zurückgezahlt haben. Nach unserem Wissen sind wir gemessen an den Lizenzgebühren, die die Universit?t von uns erhalten hat, die erfolgreichste Ausgründung. Die Uni hat uns damals die Freiheit gegeben, uns mit wenig Aufwand auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln – und das ist auch die wichtigste Unterstützung, die man meiner Meinung nach in einer solchen Phase ben?tigt. Dadurch waren wir von Anfang ab unabh?ngig von Geldern von Investoren und trotzdem war unser Risiko überschaubar. Wenn etwas schiefgelaufen w?re, h?tten wir nur das Geld für die Gründung unserer GmbH verloren. 

Woher hattet ihr die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse?

Von einem Halb-Jahres-Kurs für Entrepreneurship. Wesentlich wichtiger war aber, Zeit zu haben, um Erfahrungen zu sammeln und sich mit der L?sung aktueller Probleme zu besch?ftigen. 

Was war euer gr??ter Stolperstein?

Genug Geld für uns und unsere Mitarbeiter zu verdienen. Wir hatten keine Investoren, sodass wir nicht aus dem Vollen sch?pfen konnten. Allerdings haben wir von Anfang an Auftragsforschung als Dienstleistung angeboten – etwa Mückenschreckstoffe für die Entwicklung oder Zulassung zu testen, sodass wir die ersten Jahre finanziell überbrücken konnten. Zus?tzlich hatten wir allerdings noch Mittel vom Arbeitsamt und vom FL?GGE-Programm, das seinerzeit beim Bayerischen Wissenschaftsministerium angesiedelt war, mit denen wir unseren Unterhalt bestreiten konnten.

Wie wichtig ist das Thema Internationalisierung für euch?

Sehr wichtig. Wir haben anfangs unsere Fallen nur im Ausland verkauft, erst nach einigen Jahren sind auch Kunden in Deutschland dazu gekommen. Inzwischen sitzen unsere wichtigsten Partner in Frankreich.

Was ist eure aktuelle Herausforderung?

Es ist nach wie vor nicht einfach, die Fachwelt zu überzeugen. Die Sch?dlingsbek?mpfer arbeiten mit Insektiziden und das Verst?ndnis, dass sich dadurch Resistenzen bilden und die Mücken nach einer Weile unempfindlich gegen die eingesetzten Mittel werden, ist bei vielen immer noch nicht angekommen. 

Was feiert ihr als euren gr??ten Erfolg?

Der gr??te Erfolg ist sicher, dass Biogents mittlerweile Marktführer bei Mückenbek?mpfungsprodukten im franz?sischen Endverbrauchermarkt ist. Auch der zeigt: Biogents-Fallen, richtig platziert, k?nnen verwendet werden, um Stechmücken lokal zu bek?mpfen.  
Ein weiterer gro?er Erfolg für uns ist, dass sich unsere BG-Sentinel-Falle für professionelle Anwendungen zum Goldstandard für das Fangen von Tigermücken und zunehmend auch für andere Mückenarten entwickelt hat und dass Profis und Spezialisten sie weltweit in ihrer t?glichen Arbeit einsetzen. Die Falle taucht inzwischen in Hunderten von wissenschaftlichen Ver?ffentlichungen auf.
Und was uns auch sehr freut: Inzwischen gibt es Urlaubs-Resorts und Inseln auf den Malediven, den Seychellen oder in der Karibik, die durch ein intelligentes Konzept aus mehreren zusammengeschalteten Biogents-Fallen auf das regelm??ige Sprühen von giftigen Insektiziden verzichten k?nnen. Das hat viele Vorteile für die Natur und Umwelt. Teilweise war die Insektenfauna vor Ort fast vollst?ndig ausgel?scht, aber die Populationen erholten sich schnell, V?gel und Reptilien, die sich von Insekten ern?hren fanden wieder Nahrung und der Gartenbau profitierte davon, dass wieder mehr Insekten für die Best?ubung von Obstb?umen und Gemüsepflanzen zur Verfügung standen. Zus?tzlich konnten die Betreiber der Resorts die Kosten für die Bek?mpfung der Mücken auf die H?lfte reduzieren. 

Was ist das n?chste Ziel?

百利宫_百利宫娱乐平台¥官网es Konzept m?chten wir verbessern und verbilligen, sodass es zunehmend auch von Endkunden aber auch von D?rfern oder St?dten eingesetzt werden kann. Besonders interessant ist dabei auch die Kombination der Biogents-Fallen mit der sterilen Insekten-Technik. Dabei wird die Population der Stechmücken heruntergedrückt und dann sterile M?nnchen freigesetzt. Die sterilen M?nnchen paaren sich mit den Weibchen und diese legen dann Eier, die aber nicht befruchtet sind.  Das k?nnte ein Ansatz sein, um in Gro?st?dten etwa in Asien, das Sprühen giftiger Insektizide abzul?sen.

Eine insektizidfreie Welt?

Insektizide kann man mit Antibiotika vergleichen. Wenn man sie dauerhaft einsetzt, entstehen bei den Schadinsekten Resistenzen und zus?tzlich sterben viele nützliche Organismen. Wenn sie aber notwendig sind, k?nnen sie Leben retten. Wenn beispielsweise in Regensburg Dengue-Fieber ausbrechen würde, dann w?ren die Biogents-Fallen für die ?berwachung und lokale Bek?mpfung gut, aber dort wo Mücken mit dem Erreger gefunden wurde, würde ich aber auch sicher noch zus?tzlich Insektizide einsetzen, um eine weitere Verbreitung der Erreger zu verhindern. 

Was war euer gr??tes Learning in der Gründungsphase?

Dass wir den Markt, den wir am besten kannten – andere Wissenschaftler – am Anfang auch am besten bedienen konnten. Das war für uns ein Einstieg, der gut funktioniert hat.

Was würdet ihr anderen Gründern als Tipps mitgeben?

Das Finanzierungskonzept sollte gesichert und m?glichst wenig von anderen abh?ngig sein. Wenn es m?glich ist, würde ich raten m?glichst keine Schulden zu machen. Damit man ohne gr??ere Belastungen aus der Sache herauskommt, wenn es doch schieflaufen sollte. Es gibt aber sicher auch F?lle, in denen es besser ist, mit Investoren zusammenzuarbeiten. Deshalb ist auf jeden Fall gut, sich anfangs umfassend beraten zu lassen.

Bei ?ffentlichen F?rderungen besteht die Gefahr nur noch zu schauen, welche Voraussetzungen man als n?chstes erfüllen muss. Letztlich darf man sein Ziel aber nicht aus den Augen verlieren und muss sich immer auf den Markt hin ausrichtet. 

Der wichtigste Tipp ist aber sicher, nicht allein zu gründen, sondern mit jemandem, den man gut kennt und mit dem man sich gut erg?nzt, sodass man die St?rken des anderen nutzt und seine Schw?chen kennt und akzeptiert. Die Aufgaben sollten so aufgeteilt sein, dass sich jeder mit seinen grundlegenden Talenten wiederfindet. 

Daten und Fakten zur Biogents AG, Stand 2024:

  • 2002 gegründet aus dem Institut für Zoologie der damaligen Naturwissenschaftlichen Fakult?t III – Biologie und Vorklinische Medizin der Universit?t Regensburg
  • 40 Mitarbeiterinnen & Mitarbeiter
  • 6 verschiedene Fallenmodelle
  • Zulassung der Lockstoffe in Europa und USA
  • Marktführer in Frankreich bei Mückenbek?mpfungsprodukten 
  • über 1 Million verkaufte Fallen und Lockstoffe in über 100 L?nder
  • https://eu.biogents.com
Foto: ?Biogents AG
Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus)

Kontakt aufnehmen

BioGents AG

Dr. Andreas Rose
An der Irler H?he 3a
93055 Regensburg
Deutschland
Tel: +49 (0) 941 945 833
E-Mail: andreas.rose@biogents.com

Dr. Karoline Stürmer

Wissenschaftskommunikation
Kommunikation & Marketing
Universit?t Regensburg
Tel: +49 (0) 941 943 2352
E-Mail: karoline.stuermer@ur.de

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