Ein wichtiges Ziel bei der Prim?rimplantation eines künstlichen Hüftgelenks ist der Ausgleich von pr?operativ bestehenden Beinl?ngendifferenzen und die Rekonstruktion der patientenindividuellen Biomechanik. Eine gro?e Studie aus der Schweiz zeigt, dass Patienten mit ungleicher Beinl?nge h?ufig unzufrieden und im Alltag deutlich eingeschr?nkt sind [R?der]. Eine gute Rekonstruktion der patientenindividuellen Biomechanik ist dabei wichtig für ein st?rungsfreies Gangbild, eine ausreichende Muskelkraft und hohe Stabilit?t des künstlichen Hüftgelenks [Gurney, Spalding, Sakalake, Renkawitz]. Für den Hüft-Chirurgen gilt es also, intraoperativ eine optimale Ausrichtung von Hüftpfanne und -schaft mit genauer Rekonstruktion von Beinl?nge und patientenindividueller Anatomie zu finden. Seit vielen Jahren nutzen wir dazu computergestützte Navigationsverfahren w?hrend der Operation. Nach dem Grundprinzip der Stereotaxie werden bei den sogenannten ?bildfreien Navigationssystemen“ über eine Spezialkamera Infrarotsignale emittiert und von reflektierenden Markerkugeln an Operationswerkzeugen zurückgeworfen. Jahrzehntelang war es bei der Anwendung der Navigation in der Hüftendoprothetik notwendig, dass w?hrend der Operation spezielle Referenzmarkersysteme mit N?geln oder Dr?hten im Oberschenkelknochen fixiert wurden. Gerade im stark Weichteil ummantelten Oberschenkel besteht dadurch ein m?gliches Verletzungsrisiko von Muskeln, Knochen, Nerven und Blutgef??en [Ossendorf, Jung]. Unserer Arbeitsgruppe ist es gelungen, ein nicht-invasives (?pinless“) Navigationssystem für die computer-assistierte Hüftendoprothetik zu entwickeln, bei dem keine Dr?hte im Oberschenkelknochen fixiert werden müssen. Eine anatomisch geformte Platte wird dazu auf die Hautoberfl?che aufgelegt und mit Folie fixiert (Bild1).
Bild 1
Mit einem dafür speziell entwickelten dreidimensionalen Berechnungsalogorithmus ist eine exakte Wiederherstellung der Beinl?nge und der patientenindividuellen Biomechanik m?glich (Bild 2). Risiken einer Weichteilverletzung, Gef??blutung oder Nervensch?den werden beim pinless Navigationsverfahren ausgeschlossen. Die Pr?zision der pinless Navigation liegt mit Abweichungen von unter einem Millimeter in einem Genauigkeitsbereich, der mit mechanischen Messmethoden und/oder dem Augenma? des Chirurgen nicht zu erreichen ist.
Bild 2
Literatur
1.R?der C, Vogel R, Burri L, Dietrich D, Staub LP (2012). Total hip arthroplasty: leg length inequality impairs functional outcomes and patient satisfaction.
BMC Musculoskelet Disord 11;13:95.
2.Gurney B, Mermier C, Robergs R (2001). Effects of limb-length discrepancy on gait economy and lower-extremity muscle activity in older adults. J Bone Joint Surg Am 83:907-15.
3.Spalding TJ (1996). Effect of femoral offset on motion and abductor muscle strength after total hip arthroplasty. J Bone Joint Surg Br 78:997-98.
4.Sakalkale DP, Sharkey PF, Eng K, Hozack WJ, Rothman RH (2001). Effect of femoral component offset on polyethylene wear in total hip arthroplasty.
Clin Orthop Relat Res 388:125-34.
5.Ossendorf C, Fuchs B, Koch P (2006). Femoral stress fracture after computer navigated total knee arthroplasty. Knee 13:397-99.
6.Jung HJ, Jung YB, Song KS, Park SJ, Lee JS (2007). Fractures associated with computer-navigated total knee arthroplasty. A report of two cases. J Bone Joint Surg Am 89:2280-84.
7. Renkawitz T, Schuster T, Grifka J, Kalteis T Sendtner E (2010). Leg Length and Offset Measures with a Pinless Femoral Reference Array during THA. Clin Orthop Relat Res 7:1862-8.
8. Renkawitz T, Sendtner E, Schuster T, Weber M, Grifka J, Woerner M (2014). Femoral pinless length and offset measurements during computer-assisted, minimally invasive total hip arthroplasty. J Arthroplasty 5:1021-5
9. Renkawitz T., Weber T, Dullien S, Woerner M, Dendorfer S, Grifka J, Weber M (2016). Leg length and offset differences above 5mm after total hip arthroplasty are associated with altered gait kinematics. Gait Posture 49:196-201
Aktuelles und Ausblicke
Wenn eine Hüftprothese nach einer Operation bei Bewegung schmerzt, dann kann es daran liegen, dass Teile der Hüftprothese am Knochen oder auch gegeneinander anschlagen. Alltagsbewegungen wie Sitzen, Fahrradfahren oder l?ngere Gehstrecken sind dann nicht mehr schmerzfrei m?glich. Bisher wurden in einem solchen Fall eine Computertomographie zur Stellungskontrolle von Hüftpfanne und Schaft durchgeführt. In unserer Arbeitsgruppe konnten wir ein neues Verfahren entwickeln, das auf routinem??ig postoperativ angefertigten R?ntgenaufnahmen eine Analyse der Schaftdrehung im Knochen (AT) durch eine spezielle mathematische Formel erm?glicht. Hierbei wird der bekannte Winkel zwischen Prothesenhals und -schaft (CCD) verwendet und die projektionsbedingte Ver?nderung dieses Winkels in Abh?ngigkeit von der Drehung bestimmt.
Derzeit untersuchen wir die Auswirkungen der patientenindividuellen Operationstechnik mit Hilfe von Ganglaboranalysen und muskuloskeletalen Modellierungen, hier besteht seit mehreren Jahren eine enge Zusammenarbeit mit dem Labor für Biomechanik an der Hochschule Regensburg und dem Regensburg Center of Biomechanical Engineering (RCBE).