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Aktuelles: Die supraleitende Diode

UR-Wissenschaftler erforschen elektronische Schaltungen ohne W?rmeabgabe

19. November 2021, von Margit Scheid

  • Physik
  • Forschung

Wenn man ein Smartphone in der Hand h?lt oder die Hand an die Rückseite eines Desktop-PCs legt kann man es spüren: Elektronische Berechnungen erzeugen zwangsl?ufig W?rme. Ein Wissenschaftlerteam um Professor Dr. Christoph Strunk und Dr. Nicola Paradiso vom Institut für experimentelle und angewandte Physik der Universit?t Regensburg forscht an Wegen, dies künftig zu ?ndern. Ihre Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift ?Nature Nanotechnology“ ver?ffentlicht.

Die W?rmeentwicklung bei elektronischen Berechnungen entsteht dadurch, dass beim Rechnen viele winzige Str?me kontrolliert werden müssen, die in Schaltkreisen flie?en, die ge?ffnet und geschlossen werden. Es stellt sich also die Frage, warum nicht supraleitende Schaltkreise verwendet werden, die per Definition Strom ohne Verlustleistung leiten, um die W?rmeentwicklung in Computern zu vermeiden.

Das Problem ist, dass es für viele Schaltungskomponenten in der normalen Elektronik noch kein supraleitendes Gegenstück gibt. Das wichtigste Beispiel dafür ist die Diode, ein Schlüsselelement der Elektronik. Als Grundlage des ersten Transistors ist die Diode ein ?bergang zwischen zwei Halbleitern mit unterschiedlicher Dotierung, durch den der Strom leicht (mit geringem Widerstand) in die eine und schwer (mit hohem Widerstand) in die andere Richtung flie?en kann. Die Richtung h?ngt davon ab, ob die Polarit?t der angelegten Spannung mit der Dotierungspolarit?t im ?bergang übereinstimmt.

?Die gr??te Herausforderung beim Bau einer supraleitenden Diode besteht darin, dass Supraleiter nicht zwischen links und rechts unterscheiden. Ihr Widerstand ist gleich Null, egal in welche Richtung der Strom flie?t“, erkl?rt Dr. Nicola Paradiso vom Institut für experimentelle und angewandte Physik der Universit?t Regensburg. Um dieses Problem zu l?sen, hat das Forscherteam um Prof. Strunk in Regensburg (in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Michael Manfra und Mitarbeitern von der Purdue University und Microsoft Quantum Purdue, USA) Indiumarsenid verwendet, einen speziellen Halbleiter, der aus relativ schweren Elementen besteht. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网er Halbleiter ist zwar kein Supraleiter, kann aber zwischen zwei gew?hnlichen supraleitenden Leitern (z. B. Aluminium) einen widerstandslosen Strom aufrechterhalten, wodurch ein so genannter Josephson-?bergang entsteht (B. Josephson, Nobelpreis 1973). 
Aufgrund der speziellen Relativit?tstheorie spüren die Elektronen das gro?e elektrische Feld der schweren Ionen als Magnetfeld. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网es Magnetfeld beeinflusst das innere magnetische Moment der Elektronen - ihren Spin - und erzeugt eine so genannte Spin-Bahn-Kopplung. 

Warum ist das wichtig? 
百利宫_百利宫娱乐平台¥官网er Trick ist der Schlüssel dazu, dass die Elektronen zwischen links und rechts unterscheiden k?nnen. Aufgrund der Spin-Bahn-Kopplung zeigt der Spin n?mlich je nach Ausbreitungsrichtung in eine andere Richtung. Wird ein zus?tzliches Magnetfeld in der Ebene quer zur Stromrichtung angelegt, so bricht dessen Kopplung mit den Spins schlie?lich die Symmetrie zwischen den beiden Strompolarit?ten.

Wie funktioniert eine supraleitende Diode? 
Bei kleinen Str?men haben die Elektronen, auch wenn sie zwischen links und rechts unterscheiden k?nnen, in beiden Richtungen einen Widerstand von Null. Erh?ht man jedoch den Strom bis zu einem bestimmten Wert, schaltet das Ger?t in den dissipativen Zustand mit endlichem Widerstand um. Da die Symmetrie zwischen links und rechts gebrochen ist, sind die kritischen Werte für rechts- und linksdrehenden Strom unterschiedlich. Um die Diode zu verwenden, muss man einfach einen Stromwert zwischen den beiden kritischen Str?men anlegen. Der Widerstand wird nur bei einer bestimmten Strompolarit?t gleich Null sein. Da es das ?u?ere Magnetfeld ist, das den Elektronen sagt, was links und was rechts ist, bedeutet ein Wechsel des Vorzeichens, dass sie links und rechts sind. Daraus ergibt sich, dass der Widerstand durch einfachen Wechsel des Vorzeichens des Magnetfelds von Null auf einen endlichen Wert umschaltet.

Was hat das UR-Forscherteam herausgefunden?
Um die Einzelheiten des Mechanismus zu untersuchen, der den supraleitenden Diodeneffekt hervorruft, haben die Forscher einen Weg gefunden, den scheinbar Zustand des geringen Stroms zu untersuchen, in dem der Widerstand identisch Null ist, egal in welche Richtung der Strom flie?t. Der Gedanke dahinter ist, dass der Widerstand bei niedrigem Strom zwar strikt gleich Null ist, die Induktivit?t jedoch endlich bleibt und einen wertvollen Anhaltspunkt dafür liefert, was mit dem Suprastrom passiert, wenn die Links-Rechts-Symmetrie durch ein Magnetfeld allm?hlich gebrochen wird. Interessanterweise hat das Experimentierteam einen so genannten magneto-chiralen Anisotropie-Effekt gefunden. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网er Effekt wurde in der Vergangenheit bei gew?hnlichen Metallen festgestellt. Bei der Messung des Widerstands einer bestimmten Klasse von Metallen, denen die Inversionssymmetrie fehlt, stellt man fest, dass es einen Korrekturterm gibt, der proportional zum Produkt aus Magnetfeld und Stromst?rke ist. Das Regensburger Team hat herausgefunden, dass die gleichen Beziehungen für eine supraleitende Diode gelten, wenn man den Widerstand (der einfach Null ist) durch die Induktivit?t ersetzt.

Paradoxerweise k?nnte die Arbeit mit Josephson-?berg?ngen vom theoretischen Standpunkt aus gesehen einfacher sein als die Modellierung von Volumensupraleitern. Ein Regensburger Theoretikerteam um Prof. Dr. Jaroslav Fabian konnte den Supra-Stromtransport in Josephson-Kontakten mit Spin-Bahn-Kopplung berechnen und die Ergebnisse der Experimente quantitativ reproduzieren.

Die Demonstration der supraleitenden Diode ?ffnet den Weg zur Realisierung nicht-trivialer Schaltungskomponenten, die v?llig widerstandsfrei sind. Solche Bauteile k?nnten die Grundlage für eine neue Generation elektronischer Schaltungen sein, die weder Energie verschwenden noch die entstehende W?rme mühsam abführen müssen.

 

Originalpublikation (+DOI): 
Baumgartner, C., Fuchs, L., Costa, A. et al. 
Supercurrent rectification and magnetochiral effects in symmetric Josephson junctions. 
Nature Nanotechnology (2021). 
https://doi.org/10.1038/s41565-021-01009-9 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Foto: Springer Nature
Schema einer Kette von Josephson-Kontakten bestehend aus 2250 Al-Inseln (silber) auf einem InAs-Quantentrog (gelb). Rote und blaue Pfeile kennzeichnen die spontan flie?enden Suprastr?me. Die Paare von goldenen Kugeln veranschaulichen zwei Elektronen, die ein Cooper-Paar bilden und den Suprastrom tragen. St?rke und Richtung des Stroms h?ngen von einem in der Ebene liegenden Magnetfeld Bip ab, das mit der Spinstruktur (Kreis aus schwarzen Pfeilen) konkurriert, die aus der Spin-Bahn-Kopplung im Quantentopf resultiert.

Kontakt aufnehmen

Prof. Dr. Christoph Strunk

Physik der Mikro- und Nano-Strukturen - Institut für experimentelle und angewandte Physik
Universit?t Regensburg
Tel.: +49 (0) 941 943 3198
E-Mail: Christoph.Strunk@physik.uni-regensburg.de

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