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Aktuelles: ?Auch beim Sterben und Trauern bleibt nicht alles beim Alten“

Bis zum 20. Juli 2020 k?nnen sich Interessierte für den Masterstudiengang ?Perimortale Wissenschaften“ bewerben

05. Juni 2020, von Kommunikation & Marketing

Der Tod geh?rt zum Leben wie das Amen in die Kirche. Trotzdem spielt das Thema Sterben in unserer Gesellschaft h?ufig nur eine untergeordnete Rolle. Das soll sich an der Universit?t Regensburg ?ndern. Denn hier k?nnen Interessierte ab dem Wintersemester 2020/21 Sterben, Tod und Trauer studieren – im Masterstudiengang ?Perimortale Wissenschaften“. Was es mit dem Studiengang auf sich hat, warum der Tod verdr?ngt wird, aber zugleich faszinierend ist und welche beruflichen M?glichkeiten Absolventen der ?Perimortalen Wissenschaften“ haben, sind nur einige der Fragen, die uns Johanna Klug (JK) und Dominik Ritter (DR) vom Lehrstuhl für Moraltheologie beantwortet haben.

Frau Klug, Herr Ritter, Sterben ist ein Thema, das in unserer Gesellschaft oft verdr?ngt wird. Warum ist für den Tod in unserem Leben so wenig Platz?

JK: Die Ungewissheit und Unkontrollierbarkeit des Todes macht Angst. Auch wenn natürlich viele verschiedene Faktoren eine Rolle spielen: Unser ambivalentes Verh?ltnis zum Tod ist mitunter kulturell gepr?gt. In anderen L?ndern wird eine Beerdigung gr??er gefeiert als eine Hochzeit oder wird lediglich als ?bergang in eine andere Ebene betrachtet.
Doch ist es auch der Prozess des Alterns und des Vergehens kombiniert mit der Frage ?Was bleibt von mir übrig?“ ?berspitzt k?nnte man zwar sagen, dass wir unser ganzes Leben immer wieder verschiedene Todesszenarien durchlaufen, z. B. bei dem Eintritt von der Jugend in das Erwachsenenalter. So gesehen sind wir ja eigentlich perfekt vorbereitet. Trotzdem bleibt die Angst. Friedrich Nietzsche sagt dazu einmal: ?Der Tod zwingt den Menschen das Leben auszukosten“. Das kann auch zum Stress werden.

DR: Wir leben in einer immer schnelllebigeren Zeit. Die Menschen sind so sehr mit ihrem Leben besch?ftigt. Eigentlich vor allem mit dem Abarbeiten von Aufgaben oder anderen Anforderungen. Da bleibt wenig Zeit fürs Denken von Grunds?tzlichem, wenig Zeit für Sinnfragen, die das Denken an den Tod provoziert. 

Für Manche hat der Tod aber auch eine gro?e Faszination. Wieso?

JK: Wir Menschen sind fasziniert von der Verg?nglichkeit des Lebens. Nur meist nicht von unserer eigenen. Der Tod wird auf ewig dieses geheimnisvolle Mysterium bleiben, denn niemand kann sagen, was danach kommt. Vielleicht ist unser ganzes Leben ja auch eine Illusion, nur wissen wir es gar nicht. Mein Tipp: Lesen sie mal die Zwillingsparabel von Henri J.M. Nouwen, der es damit ziemlich genau auf den Punkt bringt.

DR: Der Tod bleibt unbegreiflich. Keiner wei?, wie er sich wirklich anfühlt. Was danach kommt. Keiner kam zurück und hat davon berichtet, wie es ist, endgültig zu sterben. Das ist doch ein spannendes R?tsel. Vor allem ist es spannend, da es jeden von uns einmal treffen wird. Wir werden ihm, dem Tod, begegnen. Und das in aller Unsicherheit. Sich mit dem Tod und m?glichen Antworten darauf zu besch?ftigen zeigt auch vieles über das Leben. Je nach dem, welche Antwort gegeben wird, zeigt diese Antwort viel über Ideale des Sprechers, über dessen Umgang mit Unsicherheit und Risiko. Mit dem Tod sich zu besch?ftigen hei?t also auch, das Leben zu studieren. 

Es gibt bereits Trauerbegleiter*innen. Weshalb ist denn nun ein Studiengang zum Thema Sterben n?tig?

DR: Es gibt nicht nur Trauer-Begleiter*innen, es gibt Palliativ-Mediziner*innen, es gibt Trauer-Psycholog*innen, es gibt Pflegekr?fte und Pflegemanger*innen, es gibt Friedhofsverwaltende, es gibt Trauer-Redner*innen. Kurz: Es gibt viele sehr kompetente und professionelle Menschen im ?perimortalen Raum“. Das Besondere an dem Studiengang ist, dass hier Menschen die unterschiedlichen Perspektiven verschiedener Berufsgruppen und verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen kennen lernen. Dadurch k?nnen sie zu Ansprechpartner*innen und Vermittelnde zwischen den Berufsgruppen werden. Sie k?nnen von den vielf?ltigen Perspektiven inspiriert neue frische Ideen für dieses spannende Thema und Handlungsfeld beisteuern.  

Was lernen die Studierenden der ?Perimortalen Wissenschaften“?

DR: Studierende lernen, sich mit Endlichkeit auseinanderzusetzen und dies auch bei anderen anzuleiten. Sie lernen medizinisch-pflegerische Aspekte am Lebensende. Sie diskutieren die ethischen Fragen zu Sterbehilfe, Organspende, Patientenautonomie oder zum richtigen Umgang mit Leichnamen. Sie stellen sich den gro?en Fragen eines Lebens nach dem Tod und der Bedeutung des Todes für den Menschen. Sie lernen die Verarbeitung des Todes und dessen Reflexion in Kunst und Medien kennen. Sie lernen Trauersymboliken, Trauerbegleitung und das Halten einer Trauerrede ebenso wie das Begleiten von Sterbenden und deren Angeh?rigen. Sie besch?ftigen sich mit Strukturen und Organisationslogiken von beteiligten Institutionen und k?nnen zu deren Weiterentwicklung Ideen beisteuern. Sie erhalten Einblicke in p?dagogisch-didaktisches Denken und in die ?ffentlichkeitsarbeit, um sp?ter dann eigene Angebote, wie Workshops, planen und bewerben zu k?nnen.

Der Studiengang ist interdisziplin?r angelegt. Welche Fachrichtungen sind beteiligt und wieso sind diese verschiedenen Blickwinkel wichtig?

JK: Der Tod ist ja kein einseitiger Themenkomplex, sondern findet Einzug in die verschiedensten Bereiche des Lebens. Deshalb ist es für uns so wichtig, auch im akademischen Kontext den Blick zu sch?rfen und verschiedene Perspektiven aufzuzeigen. Neben ethischen und palliativmedizinischen Aspekten finden theologische, philosophische und juristische Themen ihren Platz. Zudem gibt es ein Praxisprojekt in dem die Studierenden ihr theoretisches Wissen gezielt in der Praxis umsetzen k?nnen. Wir glauben daran, dass durch interdisziplin?re Zusammenarbeit Neues entstehen kann und vor allem die Studierenden in der gemeinsamen Arbeit voneinander profitieren k?nnen.

Das Studium dauert in der Regel vier Semester, in denen sich die Studierenden mit Sterben, Tod und Trauer besch?ftigen. Schl?gt das nicht aufs Gemüt?

JK: Ich bin selbst ausgebildete Sterbebegleiterin und habe schon viel auf Palliativstationen und in der Kindersterbebegleitung gearbeitet. Pers?nlich kann ich nicht verstehen, warum so existenzielle Themen wie Sterben, Tod und Trauer immer so schwer und deprimierend in unserer Gesellschaft behandelt werden. Fast schon automatisch wird davon ausgegangen, die Besch?ftigung damit schl?gt auf die Psyche. Doch die Begegnung im existenziellsten Moment unseres Lebens macht uns demütig und empf?nglich für das Leben selbst.

DR: Wichtig ist bei dem Thema eine gute Selbstsorge. Das ist auch Thema im Studiengang. Aber glauben Sie mir: Wenn man sich dem Tod stellt und den bunten Themenstrau? ansieht, den er in der Hand h?lt, dann wird das eher spannend. Sie entdecken Neues. Sie lernen, das Thema emotional ganz anders, z. B. voller Freude und auch mit Humor, anzugehen. 

Welche beruflichen M?glichkeiten haben die Absolventen des Studiengangs?

DR: Studierende k?nnen in vielf?ltigen Bereichen arbeiten, z. B. in der Begleitung und Betreuung von Sterbenden und Trauernden. Die m?glichen Arbeitsfelder h?ngen auch damit zusammen, in welchem Fach das erste Studium absolviert wurde. Und wir sind gespannt: M?glicherweise werden die Absolventen ihre Berufe erst erfinden. Auch beim Sterben und Trauern bleibt nicht alles beim Alten.

Wer kann ?Perimortale Wissenschaften“ studieren? Welche Voraussetzungen sind n?tig?

DR: Wer ein mit einem Bachelor vergleichbares Studium hat und Interesse an dem Thema hat, ist herzlich willkommen, sich zu bewerben. Hilfreich k?nnen darüber hinaus erste praktische Erfahrungen in dem Themenfeld sein und ein gutes Gespür für Menschen in herausfordernden Situationen und für schwere Themen.

Kann man ?Perimortale Wissenschaften“ auch berufsbegleitend studieren?

DR: Es ist m?glich ?Perimortale Wissenschaften“ in Teilzeit zu studieren. Dann braucht man vielleicht etwas l?nger.

Wie und bis wann kann man sich bewerben?

JK: Seit dem 15. Mai bis einschlie?lich 20. Juli, 24 Uhr kann man sich bewerben. Unter der Rubrik ?Bewerbung“ auf der Seite der Perimortalen Wissenschaften werden alle notwendigen Unterlagen aufgelistet. Die Bewerbung erfolgt digital an pewi.anmeldung​(at)​ur.de (?ffnet Ihr E-Mail-Programm)

DR: Zu jedem Wintersemester besteht wieder eine neue Chance.

Weiterführender Link: M.A. Perimortale Wissenschaft (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Fotos: Markus Deli
Johanna Klug
Foto: Markus Deli
Dominik Ritter

Kontakt aufnehmen

Johanna Klug

Wissenschaftliche Mitarbeiterin für ?Perimortale Wissenschaften“
Universit?t Regensburg
Telefon: 0941 943-3696
E-Mail: johanna.klug@ur.de

Dominik Ritter

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Moraltheologie
Universit?t Regensburg
Telefon: 0941 943-3768
E-Mail: dominik.ritter@ur.de

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