Ein in der renommierten Fachzeitschrift Nature Neuroscience von der Regensburger Professorin Dr. Inga Neumann und ihren Kolleg:innen ver?ffentlichter Artikel zeigt, dass sogenannte parvozellul?re Oxytocin-Neuronen für die Umwandlung von sensorischen Signalen in soziale Interaktionen verantwortlich sind. Die Erkenntnisse des internationalen Forschungsteams er?ffnen neue Therapieans?tze bei psychischen Erkrankungen, etwa posttraumatischen Belastungsst?rungen.
Berührungen geh?ren zu den wichtigsten sensorischen Lebenserfahrungen – von der sanftesten Liebkosung bis zum h?rtesten Schlag. Berührungen sind besonders pr?gend, da der Tastsinn eine der zentralen Formen der Wahrnehmungserfahrung ist. W?hrend der Evolution entwickelten Wirbeltiere eine Vielzahl komplexer sensorischer Systeme, die einen klaren evolution?ren Vorteil darstellten und dazu führten, dass h?here S?ugetiere in der Lage waren, zwischen Schmerzen, moderaten und sanften Berührungsformen zu unterscheiden. Da soziale Berührungen eine Voraussetzung für Intimit?t und von gr??ter Bedeutung für die Bildung vertrauensbasierter Beziehungen sind, k?nnen im gesamten S?ugetierreich, etwa bei Nagetieren, Katzen, Hunden und Pferden ebenso wie bei Primaten und beim Menschen, verschiedene Formen sanfter Berührungen, Pflege und Streicheln beobachtet werden. Der Aufbau und die Aufrechterhaltung sozialer Hierarchien werden durch verschiedene Neurotransmitter im Gehirn moduliert. In Bezug auf soziale Interaktionen hat w?hrend des letzten Jahrzehnts ein Eiwei?-Molekül in der Neurowissenschaft für viel Furore gesorgt: das Neuropeptid Oxytocin.
Oxytocin f?rdert als Bluthormon nicht nur die Geburt und die Milchfreisetzung in der Stillzeit, sondern wirkt auch als Botenstoff des Gehirns, um Emotionen, Paarbindung und Sexualverhalten sowie elterliches Verhalten zu optimieren. Wie genau Oxytocin diese sozialen Verhaltensweisen f?rdert und was die tats?chliche Freisetzung des Neuropeptids ausl?st, blieb bisher ein R?tsel. Antworten auf diese Fragen geben nun erstmals die Forschungsergebnisse internationaler Forschungsteams in Deutschland, Frankreich, Israel, den USA und dem Vereinigten K?nigreich, die zu dem Thema zusammenarbeiten. Ihre Ergebnisse liefern grundlegend neue Erkenntnisse darüber, wie das Neuropeptid das Sozialverhalten koordiniert: Sie bilden die Basis für Therapieans?tze, bei denen Oxytocin als wirksames Mittel zur Behandlung von psychischen St?rungen eingesetzt werden k?nnte: Eine Kombination aus sensorischer K?rperstimulation (z. B. durch Massage) und intranasaler Oxytocin-Verabreichung k?nnte krankhafte sozial-emotionale Ver?nderungen beim Menschen synergistisch abschw?chen und Patient:innen helfen, die von psychischen Erkrankungen wie beispielsweise Autismus oder posttraumatischen Belastungsst?rungen betroffen sind.
Die Wissenschaftler:innen verwendeten vielf?ltige neurobiologische Methoden und zeigten die Aktivit?t einzelner Oxytocin-Neuronen mittels elektrophysiologischer Aufnahmen in sich frei bewegenden weiblichen Ratten auf. Sie fanden heraus, dass ein spezielles Cluster von Oxytocin-Neuronen im Hypothalamus bei k?rperlicher Berührung aktiviert wird. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e kleine Gruppe von Oxytocin-Zellen wird
durch K?rperberührung stimuliert, was zur weiteren Aktivierung des gesamten Oxytocin-Systems des Gehirns führt und so schlussendlich die sozialen Interaktionen zwischen den weiblichen Ratten f?rderte.
ORIGINALPUBLIKATION:
Tang, Y., Benusiglio, D., Lefevre, A. et al. Social touch promotes interfemale communication via activation of parvocellular oxytocin neurons. Nature Neuroscience (2020).
DOI: 10.1038/s41593-020-0674-y
URL: https://www.nature.com/articles/s41593-020-0674-y (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
WEITERF?HRENDE INFORMATIONEN:
- Zur Seite des Lehrstuhls für Tierphysiologie und Neurobiologie
- Zur Seit des GRK 2174 Neurobiologie emotionaler Dysfunktionen

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Prof. Dr. Inga Neumann
Lehrstuhl für Tierphysiologie und Neurobiologie
Fakult?t für Biologie und Vorklinische Medizin
der Universit?t Regensburg
Telefon 0941-943 3053 / 3052
E-Mail inga.neumann@ur.de