Die Universit?tsbibliothek Regensburg (UBR) hat eine wertvolle Sammlung hinzugewonnen: Die Privatsammlung botanischer Bücher von Prof. Dr. Otto Kandler wird als Schenkung in die von der UBR betreute Bibliothek der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft aufgenommen. Dabei handelt sich um bedeutende botanische Werke, von denen die ?ltesten aus dem frühen 16. Jahrhundert stammen.
Anlass für die Schenkung ist der 100. Geburtstag Prof. Dr. Otto Kandlers (1920–2017). Bis zu seinem Ruhestand war der Botaniker und Mikrobiologe Otto Kandler Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Botanik an der Ludwig-Maximilians-Universit?t München. Er begründete die Archaeenforschung in Deutschland, die heute ein Schwerpunkt der biologischen Forschung an der Universit?t Regensburg ist. Kandler wurde u. a. dadurch bekannt, dass er mit seinem Kollegen Carl Woese den Stammbaum des Lebens mit den drei Dom?nen Archaea, Bacteria, Eucarya
vorschlug, der heute noch Gültigkeit hat. Professor Kandler h?tte am 23. Oktober 2020 seinen 100. Geburtstag gefeiert. Anl?sslich dieses besonderen Gedenkjahres vermachte seine Familie der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft diese wertvolle Schenkung, die auf Vermittlung von Prof. Dr. Andreas Bresinsky zustande kam.
Die in der Kandler‘schen Sammlung enthaltenen Bücher stammen aus dem 16. bis 20. Jahrhundert und bieten somit ein einzigartiges Panorama der botanischen Literatur vom Beginn der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert. Bei der Sammlung handelt es sich um insgesamt 52 verschiedene Titel in 133 B?nden. Die Werke sind fast alle in ausgezeichnetem Zustand und wurden mit hochwertigen Einb?nden ausgestattet. Glanzstücke der Sammlung sind Kr?uterbücher aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Dazu geh?ren Johannes Wonnecke von Kaubs ?GART DER GESUNDHEIT“ von 1507 und Leonhart Fuchs? in lateinischer Sprache abgefasstes, koloriertes Kr?uterbuch ?DE HISTORIA STIRPIUM COMMENTARII INSIGNES“ von 1542. Auch das ?KREUTTERBUCH“ von Hieronymus Bock in einer frühen Ausgabe von 1572 findet sich in der Kandler‘schen Sammlung, ebenso wie Matthias de l’Obels ?KRUYDTBOECK“ von 1581 und Pierandrea Mattiolis ?KREUTTERBUCH“ von 1590.
Kr?uterbücher geh?ren neben theologischen und juristischen Texten zu den ersten Druckwerken. Das Besondere an ihnen waren die Vielzahl an Pflanzenabbildungen und die Erprobung des Holzschnittverfahrens für eine neuartige Natur?sthetik mit realistischen Zügen. Inhalt der frühneuzeitlichen Kr?uterbücher war neben den Pflanzenbeschreibungen die Heilwirkung von Pflanzen – ein Thema, das Menschen bis heute interessiert. ?rzten und Apothekern dienten sie als wichtige und meist auch einzige Informationsquelle, wenn es darum ging, die Heilwirkung bestimmter Pflanzenstoffe auf den menschlichen K?rper zu erfahren und Verwechslungen von Arzneipflanzen vorzubeugen. Die Werke erfreuten sich daher schon bald nach ihrem ersten Erscheinen gro?er Beliebtheit.
Aus dem 17. Jahrhundert stammen das ?NEW VOLLKOMMEN KR?UTER-BUCH“ aus dem Jahr 1664 von Jakob Theodorus Taber – mit 2400 Holzschnitten war es das umfassendste Kr?uterbuch seiner Zeit – und eine frühe Ausgabe des Werks ?PATRICII BONONIENSIS DENDROLOGIAE... LIBRO DUO: SYLUA GLANDARIARIA…“ aus dem Jahr 1671 von Ulisse Aldrovandi. Weitere bekannte und bedeutende botanische Werke des 18. bis 20. Jahrhunderts erg?nzen die Sammlung.
Die in der Kandler‘schen Sammlung enthaltenen Pflanzen- und Kr?uterbücher sind ein wertvoller Zugewinn für die Bibliothek und vertiefen den bereits vorhandenen Sammelschwerpunkt im Bereich der Botanik. Durch die gro?e Zeitspanne, die diese Sammlung umfasst, ist sie heute nicht nur für den Fachbereich der Botanik, sondern auch für die Wissenschaftsgeschichte und die Buchwissenschaft von gro?er Bedeutung. Im Regensburger Katalog k?nnen die Werke der Kandler‘schen Sammlung unter der Signatur 241/20Kandler-* aufgerufen werden. Die bevorstehende Digitalisierung der Werke an der Universit?tsbibliothek Regensburg wird dazu beitragen, die wertvollen Quellen der botanischen Literatur allgemein zug?nglich zu machen.
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