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Aktuelles: Schutz-Symbiose führt zu Genverlust beim bakteriellen Partner

Das Erbgut der Symbiose-Bakterien von Bienenw?lfen ist dabei, sich auf die die Antibiotika-Produktion zu reduzieren

20. April 2021, von Kommunikation & Marketing

Antibiotika schützen den Nachwuchs von Bienenw?lfen, einer Grabwespenart, im Kokon vor sch?dlichen Pilzen. Für die Bildung der schützenden Substanzen sind Symbiose-Bakterien der Gattung Streptomyces zust?ndig, die in diesen Insekten leben. In einer neuen Studie konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für chemische ?kologie und der Universit?t Mainz zusammen mit einem internationalen Forschungsteam - u. a. mit Prof. Dr. Erhard Strohm von der Universit?t Regensburg - zeigen, dass diese nützlichen Bakterien genetisches Material verlieren, das nicht mehr gebraucht wird. Das Genom der Bakterien ist von gro?em Interesse, um die Evolution und den Prozess der Genomerosion zu verstehen, und um nachzuvollziehen, wie sich die Kooperation und der gegenseitige Nutzen von Bakterien und ihren Wirtsinsekten über lange Zeitr?ume entwickelt haben.

 

Bienenw?lfe der Gattung Philanthus geh?ren zu den Grabwespen und jagen - wie der Name nahelegt - Bienen als Nahrungsgrundlage für ihren Nachwuchs. Sie legen Bruth?hlen im Boden an, vergraben dort ihre Beute und legen ihre Eier ab. Um ihren Nachwuchs in den feuchtwarmen Lebensbedingungen im Boden vor Schimmelpilzen zu schützen, sondert das Bienenwolfweibchen aus seinen Antennen eine Substanz ab, die symbiotische Bakterien der Gattung Streptomyces enth?lt. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e produzieren einen Cocktail aus verschiedenen antibiotischen Wirkstoffen, der von den Bienenwolflarven in ihren Kokon eingesponnen wird. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e bereits seit mehr als 68 Millionen Jahren bestehende Schutz-Symbiose sorgt dafür, dass der Bienenwolfnachwuchs gegen sch?dliche Mikroorganismen gefeit ist.

 

Anzeichen einer Genomerosion beim bakteriellen Partner

Das Genom der mit dem Europ?ischen Bienenwolf Philanthus triangulum assoziierten Bakterien Streptomyces philanthi wurde jetzt von einem Team um Martin Kaltenpoth, dem Direktor der neuen Abteilung Insektensymbiose am Max-Planck-Institut für chemische ?kologie, n?her untersucht. ?Wir fragten uns, ob eine so lange Beziehung mit dem Wirt zu Ver?nderungen im Genom und der Steuerung aktiver Gene sowie dem Zusammenspiel der Stoffwechselprozesse von Bienenwolf und seinen bakteriellen Partnern geführt hat“, erl?utert Mario Sandoval-Calderón, einer der beiden Erstautoren, die Motivation für diese Arbeit.

Mit Hilfe neuester Gensequenzierungsmethoden gelang es den Forschenden, das vollst?ndige Genom des Symbionten auszulesen. Dabei fiel die Anh?ufung von ?Pseudogenen“ auf, die infolge einer Leserasterverschiebung der kodierenden Basenpaare entstehen. ?百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e Frameshift-Mutationen wahrscheinlich inaktivierter Gene sind sichere Hinweise auf eine beginnende Genom-Erosion bei Streptomyces philanthi. W?hrend das Ergebnis einer Genom-Erosion gut charakterisiert ist, ist der Beginn dieses Prozesses weniger gut verstanden. Daher kann uns der Zugang zu einem Organismus im Anfangsstadium des Genomzerfalls helfen zu verstehen, wie es zu einem solchen Prozess kommt“, sagt Studienleiter Martin Kaltenpoth.

Gene: reduziert auf die Schutzsymbiose?

Weitere genetische Analysen deuteten darauf hin, dass der Stoffwechsel der bakteriellen Symbionten haupts?chlich auf die Produktion von antibiotischen Substanzen ausgerichtet ist, die für den Schutz des Bienenwolfnachwuchses notwendig sind. Nicht gekl?rt werden konnte die Frage, warum die Antibiotika auch in den Antennen der Bienenwolfweibchen produziert werden und dann über die Absonderung einer Substanz, die auch die Bakterien enth?lt, in die Bruth?hle abgegeben werden. Ihre tats?chliche Schutzfunktion wurde bislang nur auf dem Kokon nachgewiesen.

 

Dafür lieferten die Analysen Hinweise auf bestimmte Aminos?uren, die der Wirt seinen Symbiose-Partnern in den Antennendrüsenreservoirs zuführen muss, weil Streptomyces philanthi diese N?hrstoffe selbst nicht mehr herstellen k?nnen. Damit h?tten Bienenw?lfe gar die Kontrolle über die Antibiotika-Produktion und w?ren in der Lage, den von ihren bakteriellen Partnern erbrachten Nutzen selbst zu regulieren, um den Schutz ihrer Nachkommen zu optimieren. Weitere Analysen müssen diese Vermutung nun weiter untermauern.

Dass dieser Genomzerfall bei den Symbionten erst im Anfangsstadium zu sein scheint, überrascht nach dieser überaus langen Zeit der Partnerschaft mit dem Europ?ischen Bienenwolf. Daher untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun auch die Symbionten-St?mme anderer, verwandter Bienenwolfarten. ?M?glicherweise erfahren nur einige St?mme dieser Bakterien eine Genomerosion. Das Verst?ndnis der Gründe dafür und der Faktoren, die diesen Prozess in Gang setzen, k?nnte uns wertvolle Hinweise über die Kr?fte liefern, die die Genomevolution im Allgemeinen steuern“, sagt Martin Kaltenpoth.

Die modernen Werkzeuge der Molekularbiologie machen es zunehmend m?glich, die Wechselwirkungen zwischen Lebewesen von der Ebene der Moleküle bis hin zu ?kologischen und evolutionsbiologischen Fragestellungen zu untersuchen - auch in Nicht-Modell-Organismen. Ihre Anwendung auf die vielf?ltigen Symbiosen zwischen Insekten und ihren bakteriellen Partnern hilft dabei, das Zusammenleben dieser Organismen, ihren gegenseitigen Nutzen sowie ihre Ko-Evolution immer besser zu verstehen.

 


Originalver?ffentlichung:

Nechitaylo, T. Y., Sandoval-Calderón, M., Engl, T., Wielsch, N., Dunn, D. M., Goesmann, A., Strohm, E., Svato?, A., Dale, C., Weiss, R. B., Kaltenpoth, M. (2021). Incipient genome erosion and metabolic streamlining for antibiotic production in a defensive symbiont. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, doi: 10.1073/pnas.2023047118

Foto: MPI für chemische ?kologie/ Martin Kaltenpoth
Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) zeigt die Verteilung symbiotischer Bakterien (Streptomyces philanthi) auf dem Kokon eines Bienenwolfs (Philanthus triangulum).
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