Aggression begegnet uns auf vielerlei Weise, und die meisten von uns haben Erfahrung damit: entweder mit den eigenen aggressiven Gefühlen oder gar als erlebte Bedrohung durch Mensch oder Tier. Die zugrundeliegenden neuronalen oder hormonellen Mechanismen von aggressivem Verhalten sind – im Gegensatz zu anderen sozialen Verhaltensweisen – bis heute wenig verstanden. Insbesondere ist Aggression bei Weibchen, oder gar bei Frauen, eher ein Tabu-Thema in unserer Gesellschaft, und nur wenige naturwissenschaftliche Studien besch?ftigen sich mit weiblicher Aggression.
In einer Arbeit des Lehrstuhls für Neurobiologie und Tierphysiologie der Universit?t Regensburg, die in Nature Communication ver?ffentlich wurde, beschreiben Dr. Vinicius Oliveira und Mitarbeiter die Interaktion zweier Neuropeptide des Gehirns bei der Regulation von Aggression in weiblichen Labortieren. Sowohl Oxytocin – auch bekannt als das Kuschelhormon – als auch Vasopressin sind wichtige Botenstoffe des Gehirns für fein abgestimmtes Sozialverhalten, zum Beispiel für mütterliches Verhalten, Paarbindung oder soziales Ged?chtnis. Das internationale Forscherteam unter der Leitung von Prof. Dr. Inga Neumann konnte nun eine andere, eher dunkle Seite von Oxytocin offenbaren: W?hrend Oxytocin in einer Region des limbischen Systems, dem Septum, w?hrend aggressivem Verhalten freigesetzt wird und die Aggression in weiblichen Tieren erh?ht, vermindert das verwandte Schwester-Peptid Vasopressin das aggressive Verhalten gegenüber einer Artgenossin. Auch in nicht-aggressiven Weibchen konnte durch Aktivierung des Oxytocin-Systems des Gehirns, z. B. durch optogenetische Methoden, die Aggression erh?ht werden, w?hrend Hemmung der Oxytocin-Wirkung im Septum aggressive Weibchen ?z?hmte“.
Ob Oxytocin und Vasopressin ?hnlich gegens?tzliche, fein aufeinander abgestimmte Wirkungen auf das Aggressionsverhalten bei M?dchen oder Frauen haben, dazu k?nnen sich die Autor:innen noch nicht ?u?ern. ?Bisher konnten h?ufig vergleichbare Oxytocin-Wirkungen auf soziales oder emotionales Verhalten in Menschen und Tieren beschrieben werden“, meint Professorin Neumann, ?daher gehen wir davon aus, dass der neurobiologische Mechanismus, der weibliches Aggressionsverhalten beim Menschen reguliert, ?hnlich komplex ist.“ Untersuchen lie?e sich dies jedoch so detailliert beim Menschen nicht. Die Studie wurde finanziell durch ein Projekt der Europ?ischen Union (FP7; FemNAT CD) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (GRK 2174) unterstützt.
Originalpublikation
Vinícius Elias de Moura Oliveira, Michael Lukas, Hannah Nora Wolf, Elisa Durante, Alexandra Lorenz, Anna-Lena Mayer, Anna Bludau, Oliver J. Bosch, Valery Grinevich, Veronica Egger, Trynke R. de Jong & Inga D. Neumann, “Oxytocin and vasopressin within the ventral and dorsal lateral septum modulate aggression in female rats”, Nature Communications (2021)
DOI: 10.1038/s41467-021-23064-5
https://doi.org/10.1038/s41467-021-23064-5 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

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Prof. Dr. Inga D. Neumann
Universit?t Regensburg
Lehrstuhl für Neurobiologie und Tierphysiologie
Telefon 0941/943-3053
E-Mail inga.neumann@ur.de