Es gibt Krebszellen, denen die Chemotherapie nichts anhaben kann – denn sie sind resistent. Das kann vor allem bei wiederkehrenden Erkrankungen fatale Folgen haben. Die Ursachen von Chemo-Resistenzen sind vielf?ltig und werden h?ufig nur unzureichend verstanden. In vielen F?llen scheint Stress eine Rolle zu spielen, genauer gesagt die zellul?re Stressantwort (cellular stress response) der Krebszellen. Dabei handelt es sich eine Reihe von genetischen Programmen, die es den Zellen erm?glichen, auch unter schlechten Bedingungen überleben zu k?nnen. Der Juniorverbund SUPR-G (Systems Biology of the Unfolded Protein Response in Glioma) um den Regensburger Biochemiker PD Dr. Jan Medenbach hat nun einen wichtigen Schritt getan, um die Ursachen der stressvermittelten Chemo-Resistenz aufzukl?ren. Die Ergebnisse sind nun in der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen.
?Unser Augenmerk galt insbesondere der ?Unfolded Protein Response‘ (UPR). Das ist eine zellul?re Stressreaktion, die durch ungefaltete Proteine ausgel?st wird. Die UPR ist nicht nur an der Chemo-Resistenz und dem Fortschreiten von Krebsleiden beteiligt, sondern spielt auch eine wichtige Rolle bei einer Vielzahl weiterer Erkrankungen, darunter Diabetes oder neurodegenerative Prozesse, wie sie beispielsweise bei Alzheimer auftreten“, erz?hlt Dr. Jan Medenbach, Sprecher des Forschungskonsortiums SUPR-G. ?Ein genaues, molekularbiologisches Verst?ndnis der UPR ist wichtig. Nur so k?nnen wir ihre Rolle in der Krankheitsentstehung besser definieren und neue Konzepte für gezielte Therapien entwickeln. Ziel unserer Forschungsanstrengungen war es daher, ein m?glichst genaues und quantitatives Abbild der UPR zu erstellen. Dazu haben wir modernste analytische Methoden in einem sogenannten ?multi-omics‘-Ansatz kombiniert.“
Herausgekommen ist dabei eine Liste an Genen (das UPR-Regulon), welche unter Stress aktiviert werden und helfen sollen, das ?berleben der Zelle zu sichern. In der Liste finden sich nicht nur die bereits bekannten Gene der UPR, sondern auch eine Vielzahl Weiterer, die zuvor noch nicht mit der zellul?ren Stress-Antwort in Verbindung gebracht wurden. ?Das UPR-Regulon ist damit für uns eine wissenschaftliche Schatztruhe. Darin finden sich viele Gene, die zentrale Rollen in der Zelle spielen und im Zusammenhang mit der Entstehung von Krankheiten und Krebsleiden stehen. Die Regulation dieser Gene in Zusammenhang mit Stress ist gegenw?rtig ein zentraler Teil unserer Forschung“, so Medenbach. ?berraschend für die Forscher war, dass sie im UPR-Regulon auch eine Reihe von Genen entdeckten, welche eine wichtige Funktion im zellul?ren Stoffwechsel ausüben. ?Ihre Regulation unter Stress führt zu einem ver?nderten Fols?ure-abh?ngigen 1C-Metabolismus“, erkl?rt Jan Medenbach. ?Solche Ver?nderungen des zellul?ren Stoffwechsels sind charakteristisch für viele Krebsleiden und helfen den Krebszellen, ihr schnelles Wachstum aufrecht zu erhalten“. Den ver?nderten Stoffwechsel in Krebszellen macht man sich schon l?nger in der Therapie zu Nutze: Eine ganze Reihe an unterschiedlichen Chemotherapeutika blockieren zentrale Stoffwechselwege, die für das schnelle Wachstum der Krebszellen wichtig sind.
Nachdem sie in Tumorzellen Stress ausgel?st hatten, beobachteten die Wissenschaftler an der Universit?t Regensburg aber nicht nur eine Ver?nderung des Fols?ure-abh?ngigen 1C-Metabolismus, sondern auch eine vollst?ndige Resistenz der Zellen gegenüber Chemotherapeutika, die eben diesen Stoffwechselweg angreifen. Dazu z?hlen Substanzen wie Methotrexat, welches klinisch breit zur Behandlung von unterschiedlichen Krebsleiden und rheumatischen Erkrankungen eingesetzt wird. Detaillierten biochemischen und genetischen Untersuchungen zufolge handelt es sich bei der Stress-vermittelten Resistenz um einen neuartigen Mechanismus, dessen genaue Entschlüsselung verbesserte Konzepte und Ans?tze zur ?berwindung von Resistenzen in der Krebstherapie erhoffen l?sst.
Originalpublikation
Reich S, Nguyen CDL, Has C, Steltgens S, Soni H, Coman C, Freyberg M, Bichler A, Seifert N, Conrad D, Knobbe-Thomsen CB, Tews B, Toedt G, Ahrends R, und Medenbach J, “A multi-omics analysis reveals the unfolded protein response regulon and stress-induced resistance to folate-based antimetabolites”, Nature Communications (2020).
DOI: 10.1038/s41467-020-16747-y (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
?ber den Juniorverbund SUPR-G
Der Juniorverbund SUPR-G (Systems Biology of the Unfolded Protein Response) wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Ma?nahmen zur Etablierung der Systemmedizin (e:med) gef?rdert. Er besteht aus Arbeitsgruppen an der Universit?t Regensburg, dem Leibniz Institut für Analytische Wissenschaften (ISAS, Dortmund), dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ, Heidelberg), dem Europ?ischen Molekularbiologie Labor (EMBL, Heidelberg) und der Heinrich-Heine-Universit?t Düsseldorf. F?rderung erfolgte weiterhin durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Deutsche Krebsstiftung, das Deutsche Netzwerk für Bioinformatik-Infrastruktur (de.NBI) und die Joachim Herz Stiftung. Weitere Informationen unter: http://www.sys-med.de/de/juniorverbuende/supr-g/ (externer Link, ?ffnet neues Fenster) sowie http://www.sys-med.de/de/ (externer Link, ?ffnet neues Fenster).
Kontakt aufnehmen
PD Dr. Jan Medenbach
Am Lehrstuhl für Biochemie I
Universit?t Regensburg
Tel.: 49 941 943-1721
E-Mail: Jan.Medenbach@ur.de
Webpage: https://www.medenbachlab.de
Ass.-Prof. Dr. Robert Ahrends
Institut für Analytische Chemie
Universit?t Wien
Tel.: 43 1 4277-52304
Email: robert.ahrends@univie.ac.at
Webpage: https://lipidomics.at