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Aktuelles: Die Rolle von ATP bei Alzheimer oder Parkinson

Chemiker:innen finden komplexes Wechselspiel verschiedener Ph?nomene

09. M?rz 2021, von Kommunikation & Marketing

Das Molekül Adenosintriphosphat, kurz ATP, ist als Energiew?hrung lebender Zellen bekannt und spielt eine wichtige Rolle für die Funktion vieler molekularer Maschinen im K?rper. So erm?glicht ATP die Kontraktion von Muskelgewebe oder das Pumpen von Ionen durch Zellmembrane. Erstaunlicherweise ist die zellul?re Konzentration an ATP aber erheblich gr??er als für diese Funktion unmittelbar erforderlich, daher gibt es seit geraumer Zeit Vermutungen über weitere, sekund?re Funktionen. Dabei fiel das Augenmerk auf den Einfluss von ATP auf die Stabilit?t und das Aggregationsverhalten von Proteinen in Zellen.


Im Adenosin hat ATP unpolare, hydrophobe Gruppen, w?hrend die Triphosphatgruppe sehr gut wasserl?slich ist. Aufgrund dieser ?amphiphilen“ Struktur wurde von Wissenschaftlern um Avinash Patel und Anthony Hyman in Dresden in einer 2017 in Science erschienenen Ver?ffentlichung angenommen, dass ATP eine tensid?hnliche, 1916 von dem Biochemiker Carl Neuberg als ?Hydrotropie“ bezeichnete, Wirkung zeigt. Damit k?nnte die beobachtete Stabilisierung von aggregationsanf?lligen Proteinen, wie sie zum Beispiel für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer eine Rolle spielen, erkl?rt werden.


Eine Gruppe Chemiker:innen um die Doktoranden Johannes Mehringer und Tuan-Minh Do am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universit?t Regensburg hat jetzt den tats?chlichen Wirkmechanismus von ATP bei solchen Proteinen aufgekl?rt und gezeigt, dass eine klassische Hydrotropie nicht vorliegt, sondern es sich um ein komplexes Wechselspiel verschiedener Effekte und Ph?nomene handelt.

Für viele Proteine ist eine Umlagerung zu einer β-faltblattreichen Konformation der erste Schritt zur Aggregation bzw. Fibrillierung. Dabei lagern sich mehrere derartig fehlgefaltete Peptide zu gro?en Aggregaten zusammen, die oft eine faserartige, als Amyloid bekannte, Struktur annehmen. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网er Vorgang wird in Verbindung mit einer Reihe von Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson gebracht. ATP kann hier eine Aggregation zum Teil unterdrücken, indem sich der Adenin-Teil des Moleküls zwischen die Strukturen schiebt. Eine Wechselwirkung zwischen den elektronischen π-Systemen in Adenin bzw. in den β-Faltbl?ttern spielt hier die entscheidende Rolle. Für diesen Effekt ist der amphiphile Charakter des ATPs nicht ma?geblich, sodass eine tensidartige Wirkung ausgeschlossen scheint. Dagegen haben die von Franz Hofmeister entdeckten spezifischen Ioneneffekte und die starke Hydratisierung der Phosphatgruppen einen weiteren wichtigen Einfluss.

Um zu diesen Erkenntnissen zu kommen, erwies sich die Kombination aus detaillierten Computersimulationen in der Arbeitsgruppe Horinek mit einer Vielzahl von Experimenten in der Arbeitsgruppe Kunz als überaus fruchtbar. Die Ergebnisse wurden vor kurzem in der Zeitschrift Cell Reports Physical Science ver?ffentlicht. Basierend auf der Aufkl?rung des Wirkmechanismus werden derzeit am Lehrstuhl von Professor Dr. Werner Kunz in Kooperation mit dem Lehrstuhl von Professor Dr. Stephan Schneuwly aus der Biologie weitere Moleküle getestet, die eventuell eine Fibrillierung und damit vielleicht den Ausbruch von neurodegenerativen Krankheiten verhindern oder verlangsamen k?nnten.

Originalpublikation

Johannes Mehringer, Tuan-Minh Do, Didier Touraud, Max Hohenschutz, Ali Khoshsima, Dominik Horinek und Werner Kunz, Hofmeister versus Neuberg: is ATP really a biological hydrotrope?, in: Cell Reports Physical Science (2021).
DOI: https://doi.org/10.1016/j.xcrp.2021.100343 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)


Weiterführende Informationen

Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0
Mehringer et al., Hofmeister versus Neuberg: is ATP really a biological hydrotrope?, Cell Reports Physical Science (2021)

Kontakt aufnehmen

Prof. Dr. Werner Kunz

Universit?t Regensburg
Institut für Physikalische und Theoretische Chemie
Telefon 49 941 943-4296
E-Mail werner.kunz@ur.de

Prof. Dr. Dominik Horinek

Universit?t Regensburg
Institut für Physikalische und Theoretische Chemie
Telefon 49 941 943-4745
E-Mail dominik.horinek@ur.de

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