Biolog:innen aus Regensburg und Wuhan haben einen Mechanismus entdeckt, wie Pflanzen verhindern, dass Eizellen von mehreren Spermazellen befruchtet werden.
Pflanzen und Tiere haben Mechanismen entwickelt, die regulieren, dass eine Eizelle nur von einer Spermazelle bzw. eines Spermiums befruchtet wird. Dringen mehrere Spermien in die Eizelle ein (Polyspermie) kommt es in der anschlie?enden Embryonalentwicklung in der Regel zu Fehlbildungen. Dann wird der Embryo abgesto?en oder stellt das Wachstum ein und stirbt. Bei Tieren wird durch eine sog. Kortikalreaktion der befruchteten Eizelle eine Befruchtungsmembran gebildet, die das Eindringen weiterer Spermien und somit Polyspermie verhindert. Bei Blütenpflanzen ist der Befruchtungsvorgang besonders komplex: Spermazellen sind unbeweglich und werden in Pollenk?rnern geschützt, oft durch Wind oder Insekten transportiert. Treffen Pollenk?rner auf geeignete weibliche Blütenorgane, keimen sie aus und bilden einen Schlauch, der tief in mütterliche Gewebe eindringt, zum Eiapparat w?chst und dort seine Spermazellladung entl?sst. Um bei der anschlie?enden Befruchtung Polyspermie zu verhindern, wird bereits vorher reguliert, dass nur ein Pollenschlauch zum Eiapparat gelangt.
Ein Forschungsteam am Lehrstuhl für Zellbiologie und Pflanzenbiochemie um Professor Dr. Thomas Dresselhaus arbeitet bereits seit vielen Jahren unter anderem an den molekularen Mechanismen der Pollenschlauchkeimung, des Pollenschlauchwachstums und dessen Anlockung sowie der Spermazellfreisetzung im Eiapparat und den sich anschlie?enden Befruchtungsmechanismen. In einer Kooperation mit Wissenschaftlern:innen aus Japan entdeckten sie so bereits vor über 10 Jahren kleine Proteine , die vom Eiapparat ausgeschleust werden und der Anlockung von Pollenschl?uchen dienen. Die jetzige Entdeckung beruht auf Forschungsarbeiten im Sonderforschungsbereich (SFB) 960, in dem Professor Dresselhaus unter anderem den befruchtungsinduzierten Abbau von sog. Boten-mRNAs für eizellspezifische Proteine untersucht. Zwei dieser Boten-mRNAs erzeugen sog. Endopeptidasen, die nach Befruchtung in gro?en Mengen von der Eizelle ausgeschieden werden. In Kooperation mit Forschern:innen der Universit?t Wuhan (China) konnten sie jetzt zeigen, dass diese Endopeptidasen oben beschriebene Pollenschlauch-Anlockungsproteine spalten und somit inaktivieren. Es werden dadurch keine weiteren Pollenschl?uche angelockt und Polyspermie wird verhindert.
?Entdeckt haben wir die eizellspezifischen Endopeptidasen in Regenburg bereits vor über 14 Jahren, hatten aber damals nicht die technischen M?glichkeiten, herauszufinden, wozu sie gut sind“, erl?utert Zellbiologe Dresselhaus. Angeregt durch Arbeiten im SFB und mit Hilfe neuer Laser Scanning-Fluoreszenzmikroskope lie? sich jetzt nicht nur die Freisetzung der Endopeptidasen nach Befruchtung beobachten. Dabei entdeckte Dr. Andrea Bleckmann auch eine v?llig neue zellul?re Struktur am oberen Pol der unbefruchteten Eizelle: ein Kortikalnetzwerk. ??hnlich der Kortikalreaktion bei Tieren enth?lt das Netzwerk Endopeptidasen, die nur nach erfolgreicher Befruchtung mit einer Spermazelle ausgeschleust werden und zu einem schnellen Block der Anlockung weiterer Pollenschl?uche führt“, erl?utert Dr. Bleckmann: ?Indirekt wird durch diese kortikal?hnliche Reaktion Polyspermie bei Pflanzen verhindert.“
Ihre Forschungsergebnisse publizierten die Forscher:innen unl?ngst im renommierten Fachjournal Nature.
Originalpublikation:
Yu, X., Zhang, X., Zhao, P. et al. Fertilized egg cells secrete endopeptidases to avoid polytubey. Nature (2021). https://doi.org/10.1038/s41586-021-03387-5 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Kontakt aufnehmen
Prof. Dr. Thomas Dresselhaus
Lehrstuhl für Zellbiologie und Pflanzenbiochemie
Universit?t Regensburg
Telefon: 49 941 943-3016, -3017
E-Mail: thomas.dresselhaus@ur.de
http://cell-biology.uni-regensburg.de