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Aktuelles: Mechanismus zur Regulation des polaren Zellwachstums entdeckt

Wissenschaftler*innen der Universit?t Regensburg entdecken eine Proteinfamilie, die polares Spitzenwachstum in Wurzelhaaren und Pollenschl?uchen erm?glicht

07. Oktober 2020, von Kommunikation & Marketing

Manche Zellen wachsen extrem polar an einem sehr kleinen Bereich ihrer Zelloberfl?che. In Pflanzen findet man dieses zellul?re Spitzenwachstum beispielsweise bei Wurzelhaaren, die wichtig für die Aufnahme von Wasser und gel?sten Mineralien aus dem Boden sind. Auch der Pollenschlauch w?chst nur an der Spitze, um die unbeweglichen Spermazellen für die Befruchtung zum Eiapparat zu transportieren. Wie das Wachstum von Wurzelhaaren und Pollenschl?uchen sehr lokal auf einen kleinen Bereich in der Spitze beschr?nkt wird, haben Forscherinnen und Forscher der Universit?t Regensburg jetzt herausgefunden. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Plants ver?ffentlicht und sind nicht nur für die Grundlagenforschung relevant, sondern er?ffnen langfristig auch Anwendungsm?glichkeiten für die Ertragssteigerung bei Nahrungs- und Futterpflanzen.

Eine der fundamentalsten Fragestellungen der Zell- und Entwicklungsbiologie betrifft die Entstehung und Aufrechterhaltung von Zellpolarit?t, welche eine wesentliche Voraussetzung für die Bildung komplexer vielzelliger Gewebe und Organe ist. Die Polarisierung einer Zelle durch asymmetrische Verteilung subzellul?rer Komponenten ist aber auch die Voraussetzung für polares Zellwachstum.

Studien an verschiedensten Organismen und Zelltypen haben gezeigt, das polares Zellwachstum einem gemeinsamen Schema folgt und kleine GTP-bindende Proteine dabei eine Schlüsselstellung einnehmen. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e Rho GTPasen funktionieren wie molekulare Schalter, da sie reversibel zwischen einer GTP-gebundenen aktiven Form und einer GDP-gebundenen inaktiven Form wechseln k?nnen (?AN“ oder ?AUS“-Schaltung). Dabei ?ndern sie ihre r?umliche Struktur, wodurch eine Interaktion mit Effektor-Proteinen erm?glicht wird, die daraufhin spezifische Antworten in der Zelle ausl?sen.

In Pflanzen werden diese kleinen GTPasen ROPs (?Rho Of Plants“) genannt. Aktive ROPs sind mit der Zellmembran assoziiert und bewirken eine polare Ausrichtung des Zellskeletts. Durch den daraus resultierenden polaren Transport von Zellmaterial in kleinen Transportbl?schen und die lokale Verschmelzung dieser Bl?schen mit der Zellmembran w?chst die Zelle ausschlie?lich an diesem Bereich ihrer Oberfl?che.

Aber auch die molekularen Schalter werden reguliert: (i) Guanin-Nukleotid-Austauschfaktoren (GEFs) aktivieren ROPs, w?hrend (ii) GTPase-aktivierende Proteine (GAPs) für ihre Inaktivierung sorgen. Schlie?lich halten (iii) Guanin-Nukleotid-Dissoziations-Inhibitoren (GDIs) GDP-gebundene ROPs im Zytoplasma zurück. Die Ansammlung aktiver ROPs in sogenannten Nanoclustern wird wiederum durch die Zusammensetzung der Zellmembran reguliert.

?ber die Regulation der ROP-Regulatoren ist jedoch nur wenig bekannt. Forscher:innen der Universit?t Regensburg haben nun gezeigt, das GAPs mit ARMADILLO Repeat Proteinen (AROs) interagieren müssen, damit Spitzenwachstum in Wurzelhaaren und Pollenschl?uchen stattfinden kann. Fehlen diese ARO Gerüstproteine, k?nnen GAPs nicht mehr lokal an die Zellmembran rekrutiert werden, um dort die ROP Aktivit?t auf einen kleinen Bereich zu beschr?nken. Interessanterweise ist dieser Mechanismus hochkonserviert und korreliert mit dem Auftreten der ersten Landpflanzen vor etwa 475 Millionen Jahren. 

?ARO Gerüstproteine sind eine evolution?re Innovation, durch die eine sehr schnelle Koordination lokaler ROP Aktivit?t an der Zellmembran erm?glicht wird. So k?nnen Pflanzenzellen hochdynamisch auf exogene und endogene Signale reagieren“, erl?utert der Erstautor der Studie, Dr. Ivan Kulich. Schnelle Wachstumsreaktionen an der Zellspitze sind nicht nur für Pollenschl?uche wichtig, wenn diese Signale wahrnehmen, um zielgerichtet zum Eiapparat zu wachsen. Auch Wurzelhaare müssen schnell reagieren, wenn sie feinste Hohlr?ume im Erdreich durchdringen wollen, um eine optimale N?hrstoff- und Wasseraufnahme zu erzielen, oder wenn eine Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien im Boden eingegangen werden soll. In Arabidopsis thaliana – einer im Deutschen als Ackerschmalwand bezeichneten Wildpflanze – werden ARO Gerüstproteine aber auch für die Bildung der dreifach verzweigten Blatthaare ben?tigt, obwohl diese durch eine Kombination von Spitzenwachstum und diffusem Wachstum entstehen. Blatthaare schützen die Epidermis vor Insekten und anderen Formen von biotischem und abiotischem Stress.

?Versteht man die molekularen Mechanismen des polaren Zellwachstums in Pflanzen, ist das nicht nur wichtig für die Grundlagenforschung. Langfristig er?ffnet dieses Wissen auch Anwendungsm?glichkeiten, beispielsweise um Nahrungs- und Futtermittelertr?ge durch optimierte Wasser- und N?hrstoffaufnahme aus dem Boden, einen verbesserten Samenansatz oder erh?hte Resistenzen zu steigern“, erkl?rt PD Dr. Stefanie Sprunck, Leiterin des Forschungsteams.

Erm?glicht wurde die Forschung durch F?rdermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft, auch im Rahmen des Sonderforschungsbereich SFB924 mit den Münchener Universit?ten, und der Alexander von Humboldt‐Stiftung.

Originalpublikation

Ivan Kulich, Frank Vogler, Andrea Bleckmann, Philipp Cyprys, Maria Lindemeier, Ingrid
Fuchs, Laura Krassini, Thomas Schubert, Jens Steinbrenner, Jim Beynon, Pascal Falter-
Braun, Gernot L?ngst, Thomas Dresselhaus, Stefanie Sprunck: ARMADILLO REPEAT ONLY proteins confine Rho GTPase signaling to polar growth sites. In: Nature Plants.
DOI: https://www.nature.com/articles/s41477-020-00781-1 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

Weiterführende Informationen

Foto: Stefanie Sprunck
Ivan Kulich bei der Abbildung von Wurzelhaaren von Arabidopsis thaliana;
Foto: Stefanie Sprunck
ARO Proteine sind essentiell für das polare Wachstum von Wurzelhaaren (links), Pollenschl?uchen (unten) und Blatthaaren (oben).
Wurzelhaare

Kontakt aufnehmen

PD Dr. Stefanie Sprunck

Zellbiologie und Pflanzenbiochemie
Fakult?t für Biologie und Vorklinische Medizin
Universit?t Regensburg
Telefon: 49 941 943 3005
E-Mail stefanie.sprunck@ur.de

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