Warum vergehen oft Jahre oder sogar Jahrzehnte, bis erste Metastasen nach einer Brustkrebserkrankung auftreten, obwohl schon früh nach der Tumorentstehung Krebszellen in andere Organe wie das Knochenmark gestreut werden? 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网er Frage ging das Forschungsteam um Professor Christoph Klein an der Universit?t Regensburg und am Fraunhofer ITEM in Regensburg nach. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben gezeigt, dass gestreute Krebszellen durch Signale aus der Umgebung des Knochenmarks stammzellartige Eigenschaften erwerben k?nnen, die sie bef?higen, Metastasen zu bilden. ?百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e Erkenntnisse k?nnten eine Achillesferse der gestreuten Krebszellen offenbaren und v?llig neue Therapieans?tze erm?glichen, zum Beispiel indem die Signale aus der Mikroumgebung unterbunden werden, in der sich die gestreuten Krebszellen angesiedelt haben?, sagt Professor Klein, Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Medizin und Therapieverfahren an der Universit?t Regensburg und Leiter des Bereichs Personalisierte Tumortherapie am Fraunhofer ITEM.
Krebs ist eine t?dliche Erkrankung, die aufgrund des wachsenden Alters der westlichen Bev?lkerung weltweit stetig steigende Fallzahlen verzeichnet. Die h?ufigste Todesursache bei Patientinnen und Patienten mit einer Erkrankung wie Brustkrebs sind dabei Metastasen, welche sich in lebenswichtigen Organen bilden, wie beispielsweise im Knochenmark, in der Lunge, im Gehirn und der Leber. Obwohl die Streuung von Krebszellen bei Brustkrebspatientinnen bereits früh w?hrend der Entstehung des Prim?rtumors stattfindet, entwickeln nicht alle Patientinnen mit gestreuten Krebszellen Metastasen oder es k?nnen Jahre, mitunter sogar Jahrzehnte vergehen, bis erste Metastasen auftreten. Die frühe Streuung einerseits und die langen Latenzzeiten der Metastasierung andererseits werfen die Frage auf, welche Faktoren ein Auswachsen gestreuter Krebszellen zu Metastasen begünstigen oder verhindern.
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, haben Klein und sein Team diagnostische Knochenmarksbiopsien von 246 Patientinnen mit Brustkrebs im frühen Stadium auf gestreute Krebszellen untersucht, diese isoliert und molekular mit neuesten Einzelzelltechnologien analysiert. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e Untersuchungen waren mit besonderen technischen Herausforderungen verbunden, da gestreute Krebszellen im frühen Stadium einer soliden Krebserkrankung bei nur 20 bis 30 Prozent der Patientinnen im Knochenmark gefunden werden und dies mit einer H?ufigkeit von nur etwa einer Krebszelle in einer bis zehn Millionen Knochenmarkszellen. 百利宫_百利宫娱乐平台¥官网e Gegebenheiten erforderten nicht nur engagierte klinische Partner am Caritas Krankenhaus St. Josef in Regensburg und der Ludwig-Maximilians-Universit?t München, sondern auch den Einsatz hochspezialisierter Technologien. Hierzu geh?ren die sensitiven Detektionsverfahren für disseminierte Krebszellen in diagnostischen Knochenmarkbiopsien am Lehrstuhl für Experimentelle Medizin und Therapieverfahren der Universit?t Regensburg sowie die neuesten Sequenzierungstechnologien, um aus geringsten Zellmengen bzw. Einzelzellen molekularbiologische Informationen zu extrahieren – eine Kernkompetenz des Bereichs Personalisierte Tumortherapie am Fraunhofer ITEM in Regensburg.
Das Forschungsteam konnte zeigen, dass die ins Knochenmark gestreuten Krebszellen auf den Wachstumsfaktor Interleukin-6 ansprechen, der in der normalen Knochenmarksumgebung in hohem Ma?e vorhanden ist. Anhand von Zellkulturmodellen mit Brustgewebszellen aus Nicht-Tumorpatientinnen wurde deutlich, dass die Krebszellen durch das Interleukin-6-Signal Stammzelleigenschaften erwerben, von denen angenommen wird, dass sie essenziell für die Bildung von Metastasen sind. Die Arbeiten zeigen darüber hinaus, dass bestimmte Nischen im Knochenmark existieren, in welchen die Krebszellen das Interleukin-6-Signal nicht mehr empfangen k?nnen – was erkl?ren k?nnte, warum bei manchen Patientinnen Metastasen nicht oder erst nach sehr langer Zeit auftreten, obwohl der Prim?rtumor bereits vor seiner chirurgischen Entfernung tausende von Zellen ins Knochenmark gestreut hat. Der Vergleich von Krebszellen aus dem Knochenmark von Patientinnen ohne Metastasen mit Krebszellen aus Blutproben von Patientinnen mit Metastasen deutet darauf hin, dass die Krebszellen w?hrend ihrer weiteren Entwicklung im Knochenmark durch den Erwerb von Erbgutver?nderungen, zum Beispiel in der Phosphatidylinositol-3-Kinase, von den Umgebungssignalen im Knochenmark unabh?ngig und damit immer b?sartiger werden k?nnen.
Die Erkenntnisse der Forscher und Forscherinnen haben wichtige Implikationen für die Entwicklung neuer adjuvanter Therapien, das hei?t Therapien, die nach Entfernung des Prim?rtumors auf die frühzeitige Eliminierung gestreuter Krebszellen abzielen und dadurch die Bildung t?dlicher Metastasen in verschiedenen Organen zu einem sp?teren Zeitpunkt verhindern sollen. Es liegt nahe, dass Krebszellen w?hrend der verschiedenen Phasen der Krebsentwicklung eine unterschiedliche Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Medikamenten besitzen. In der frühen Phase der Erkrankung k?nnte eine Achillesferse der Krebszellen in der Abh?ngigkeit von Signalen aus ihrer Mikroumgebung bestehen, die ihr ?berleben und ihre Vermehrung unterstützen. M?glicherweise sind die gestreuten Krebszellen in diesem frühen Stadium der Erkrankung empfindlicher gegenüber bereits vorhandenen Medikamenten, wenn ihnen zus?tzlich die von der Mikroumgebung stammenden Wachstumsfaktoren entzogen werden oder gezielt eine Wachstumsaktivierung durch das Knochenmark unterdrückt wird. Das Team um Professor Klein hofft, dass sich im Optimalfall so die Entstehung von Metastasen bei Brustkrebspatientinnen eines Tages unterbinden lie?e und damit ein Wiederaufflammen der Erkrankung verhindert werden k?nnte.
Originalpublikation:
Werner-Klein M, Grujovic A, Irlbeck C, Obradovic M, Hoffmann M, K?rkel-Qu H, Lu X, Treitschke S, K?stler C, Botteron C, Weidele K, Werno C, Polzer B, Kirsch S, Gu?vi? M, Warfsmann J, Honarnejad K, Czyz Z, Feliciello G, Blochberger I, Grunewald S, Schneider E, Haunschild G, Patwary N, Guetter S, Huber S, Harbeck N, Rack B, Buchholz S, Rümmele P, Heine N, Rose-John S and Klein CA, Interleukin-6 trans-signaling is a candidate mechanism to drive progression of human DCCs during clinical latency. In: Nature Communications 2020
DOI: doi.org/10.1038/s41467-020-18701-4 (externer Link, ?ffnet neues Fenster)
Die Publikation ist online frei verfügbar unter: https://rdcu.be/b75sS (externer Link, ?ffnet neues Fenster)

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Prof. Dr. Christoph Klein
Universit?t Regensburg
Lehrstuhl für Experimentelle Medizin und Therapieverfahren
Christoph.Klein@ukr.de