Welche Impulse setzt Impuls+ in der Ausbildung von angehenden Physiklehrkr?ften?
In der Ma?nahme Impuls+ bearbeiten Mitarbeitende aus drei F?chern (Grundschulp?dagogik, Didaktik der Physik und Europ?ische Geschichte) Filme, Tondokumente und Texte aus dem Schulunterricht, die für eine praxisorientiere Aus- und Weiterbildung von angehenden Lehrkr?ften genutzt werden k?nnen.
Mit Katharina Flieser (Mitarbeiterin der Physikdidaktik) habe ich – Christina Ehras – ein Schreibgespr?ch über ihre Projektarbeit geführt, die sie vor Kurzem gemeinsam mit ihrem Betreuer, Prof. Dr. Karsten Rincke, auf dem digitalen Kolloquium des KALEI?-Projekts an der Uni Halle-Wittenberg vorgestellt hat.
Katharina, kannst du uns mit maximal 100 W?rtern beschreiben, was du in deiner Promotion vorhast?
Katharina Flieser: In meiner Promotion besch?ftige ich mich mit den Gestaltungsr?umen, die ein bewusster Spracheinsatz im Fach Physik bietet und welche Wirkungen auf Schülerinnen und Schüler damit verbunden sind. Ich frage danach, wie es sprachlich gelingen kann, dass die fachlichen Informationen die Schülerinnen und Schüler tats?chlich erreichen und diese geneigt sind, sich aktiv mit den Lerninhalten auseinanderzusetzen. Mein Forschungsprojekt besch?ftigt sich dabei ausschlie?lich mit geschriebenem Text, jedoch lassen sich viele Erkenntnisse aus diesem engeren Bereich auf das weite Feld der Unterrichtshandlungen beziehen und in Form eines Seminars anwendungsnah und praxisorientiert an angehende Lehrkr?fte vermitteln.
Jetzt wird es noch kniffeliger: Schaffst du es auch, uns mit nur 50 W?rtern das Seminarkonzept zu beschreiben?
Katharina Flieser: Im Seminar werden Lehramtsstudierende für einen bewussten Spracheinsatz im Fach Physik sensibilisiert. Mithilfe authentischen Unterrichtsmaterials von einer Online-Plattform verbinden wir theoretische Erkenntnisse über Eigenschaften verst?ndlicher Texte und insbesondere der Fachsprache direkt mit der Praxis des Lehrberufs. Die Plattform unterrichtonline.org zu pflegen und zu nutzen ist ein erreichtes Projektziel in Impuls+.
Das war auf jeden Fall eine Punktladung!
Kannst du an einem Beispiel noch erkl?ren, welche Schwierigkeiten Sprache im Unterricht bereiten kann?
Katharina Flieser: Es gibt wirklich viele Merkmale, die zu Schwierigkeiten führen k?nnen – vor allem, wenn sie unbedacht zur Sprache kommen. Das Wort ?Stromverbrauch“ ist mein Lieblingsbeispiel, wenn es darum geht, aufzuzeigen, wie man unbemerkt m?glichst viel Verwirrung stiften kann. Der Begriff sagt, dass Strom verloren geht – das stimmt aber nicht. Es ist die elektrische Energie, die zum Betreiben elektrischer Ger?te benutzt wird und somit das System Stromkreis verl?sst. Das ist gemeint. Strom wird nicht verbraucht. Dennoch bezahlen wir ihn – in Euro pro Kilowattstunde. Und dabei ist die Kilowattstunde gar keine Einheit für Strom. Und auch nicht für Energie. Sondern für Leistung, die aber ja eigentlich in Watt gemessen wird… also alles klar soweit, oder?
Unter Fachleuten m?gen solche Tücken, die in der Verbindung zwischen Alltags- und Fachsprache liegen, unwichtige Nebensachen sein. Doch je nach Adressat:in ist die Botschaft, die ein Text aussendet eine andere. Adressat:innengerechte und sachgerechte Kommunikation: Das sind zwei Perspektiven, die für eine gelingende Kommunikation eingenommen werden müssen. Bei Fachsprache darf man nicht übersehen, dass für Laien oft ein weniger reichhaltiges Informationsnetz hinter den Begriffen versteckt, als für Experten. Daher sind vermeintlich pr?zise Angaben für den Empf?nger oder die Empf?ngerin oft eher kryptisch, als informationsgeladen.
Und welche Strategien oder Tipps kannst du deinen Seminarteilnehmer:innen an die Hand geben, um diesen Schwierigkeiten in ihrem eigenen Unterricht zu bew?ltigen?
Katharina Flieser: Das zentrale Ziel ist es, die Studierenden auf Vor- und Nachteile einzelner (fach-) sprachlicher Merkmale aufmerksam zu machen, damit sie selbst über die ?Dosis“ an Fachsprache urteilen k?nnen, die sie ihren Schülerinnen und Schülern je nach Unterrichtssituation und -ziel bieten m?chten. Dazu diskutieren wir Vor- und Nachteile und m?gliche Wirkungen einzelner sprachlicher Gestaltungsmittel. Zum Beispiel das Mittel der Personifikation: Ein g?ngiges Mittel, um Verbundenheit zu Lesenden zu erzeugen und - ganz w?rtlich genommen - einen Text lebendiger zu machen. Dabei werden Objekten, Tieren und in unserem Zusammenhang auch physikalischen Gr??en v.a. menschliche Verhaltensweisen und teilweise auch Wesenszüge zugeschrieben. Zum Beispiel kann der Satz "Die beiden Nichtmetalle teilen sich ein Elektronenpaar" als Beschreibung der Elektronenpaarbindung dienen. Das bringt verschiedene Vor- und Nachteile mit sich.
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Den Abstract zum erw?hnten Vortrag gibt es hier zum Nachlesen:
Sprache im Fach Physik - Brücke oder Barriere?
Sprache - ob mündlich, schriftlich oder als K?rpersprache eingesetzt - ist das zentrale Medium, wenn es um Lehr-Lernprozesse geht. Der Anspruch, dass Schüler*innen (physikalische) Fachinhalte im Unterricht verstehen, bringt hohe Anforderungen sowohl an die sprachlichen F?higkeiten der Schüler*innen als auch an das Sprachbewusstsein von Lehrkr?ften mit sich. Es ist daher wichtig, das Bewusstsein (angehender) Lehrkr?fte für sprachliche Mittel und ihre Wirkungen zu sch?rfen. Wie wird Sprache zur Brücke zwischen den Wissensstrukturen der Lehrkraft und den Wissensstrukturen der Lernenden? Wodurch wird sie hingegen zur Barriere?
Im Vortrag wird die Rolle der Sprache im naturwissenschaftlichen Unterricht anhand von Beispielen aufgezeigt und m?gliche Wirkungen werden diskutiert. Anschlie?end wird exemplarisch die Anlage eines physikdidaktischen Seminars erl?utert, welches vor allem die Verst?ndlichkeit von Fachtexten zum Thema hat.