Raul Reinhadt
Die Wassertaufe stellte im Christentum von Anfang an das Aufnahmeritual dar und ist bereits im Neuen Testament unbestritten. Seit dem 2. Jahrhundert wurde die Initiationsliturgie schrittweise durch Begleitrituale erweitert, die Aspekte der Taufe durch Einzelhandlungen ausdifferenziert haben. Dazu geh?rte auch die Salbung mit ?l oder Myron, die sich rasch und fl?chendeckend durchsetzen sollte. Ihre Ursprünge liegen aus verschiedenen Gründen in der liturgiegeschichtlichen Forschung noch weitgehend im Dunkeln und sollen in diesem Projekt umfassend erforscht werden. Ziel des Projekts ist einerseits die Rekonstruktion der entscheidenden Faktoren und Motive, die für die Einführung einer Taufsalbung ausschlaggebend waren, und andererseits die Nachverfolgung der Salbungsakte w?hrend der Initiation innerhalb der pluralen Frühgeschichte bis ins 4. Jahrhundert (Phase der Oralit?t). Mit dem Methodenrepertoire der Historischen Liturgiewissenschaft, die schon bezüglich der Entstehung des Eucharistischen Hochgebets in den letzten Jahrzehnten wichtige neue Einsichten gewonnen hat, sollen die relevanten Zeugnisse historisch-kritisch, liturgietheologisch und komparatistisch erschlossen werden. Dabei soll der Vergleich sowohl die internen christlichen Entwicklungsprozesse berücksichtigen (z. B. Rückgriff auf Metaphern im Alten und Neuen Testament, Ritualisierung von Christus ?Gesalbter“, liturgische Rolle des Heiligen Geistes) als auch strukturelle Parallelen in der Umwelt der Alten Kirche ins Auge fassen. Das Verh?ltnis von ritueller Multiplikation und gleichzeitiger inhaltlicher Ausdifferenzierung steht dabei im Fokus. Damit soll in diesem Projekt der Versuch unternommen werden, die Wurzeln der ?lsalbung und ihre Frühgeschichte bis zur Standardisierung im Zuge der sog. Konstantinischen Wende zu erhellen. Auf wichtigen interdisziplin?ren Vorarbeiten des jüngeren Forschungsdiskurses aufbauend, sollen auch bisher kaum als relevant erachtete Quellen aus der Epigraphik, der sog. Gnosis und der Apokryphen als Zeugen für die liturgische und theologische Vielfalt des frühen Christentums in den Blick kommen; letztlich k?nnen damit Lücken geschlossen werden, die sich aus der Sp?rlichkeit der christlichen Textquellen aus der sog. Gro?kirche in den ersten Jahrhunderten ergeben.